Berlin . Der Eröffnungstermin für das Humboldt Forum ist geplatzt. Und nicht nur deshalb drängen sich Parallelen zum BER auf.

Es gibt Parallelen, die drängen sich einfach auf: Die Eröffnung des größten und teuersten Kulturbauvorhabens nach der Wiedervereinigung in Berlin wird verschoben. Und wie beim Hauptstadtflughafen BER sind die Gründe für die geplatzte Eröffnung der wiederaufgebauten Hohenzollernresidenz nicht in der aufwendig errichteten Gebäudehülle zu suchen, sondern in der komplizierten Haustechnik, die den Abnahmetests der Prüfingenieure nicht stand hält. Einen neuen Eröffnungstermin konnten die Projektverantwortlichen bei der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss sowie beim mit der Bauleitung beauftragten Bundesamt für Bauwesen und Bauordnung (BBR) am Mittwoch nicht nennen.

Erst am Dienstag hatten Stiftung und BBR kurzfristig zu einem Presse-Rundgang auf der Baustelle am nächsten Tag eingeladen – und wohl alle Journalisten ahnten, dass die zu verkündende Nachricht keine gute sein würde. Schon Ende vergangenen Jahres hatte der Bauvorstand der Stiftung eingeräumt, dass die Terminpuffer aufgebraucht seien. Seit Anfang Juni mehrten sich dann die Hinweise darauf, dass das gewaltige Prestige-Projekt im Herzen der Stadt nicht wie geplant Ende 2019 an den Start gehen könnte.

Sicherheitsrelevante Mängel bei Brandschutz, Heizung und Kühlung

Und so kam es dann auch: Das Ausstellungshaus, teilte die Präsidentin des BBR, Petra Wesseler mit, werde nun erst 2020 für das Publikum öffnen. Konkreter wurde sie beim Eröffnungstermin nicht. „Es wird aber 2020 sein“, versicherte BBR-Chefin Wesseler. Grund seien sicherheitsrelevante Mängel bei Brandschutz, Heizung und Kühlung.

Damit sind nun auch die Pläne gescheitert, das Gebäude rechtzeitig im zum 250. Geburtstag des Forschers und Namensgebers Alexander von Humboldt (1769-1859) in Betrieb zu nehmen. "Doch die geplanten Feierlichkeiten im Humboldt Forum anlässlich dieses Jubiläums am 13. und 14. September könnten wie geplant im Haus stattfinden“, sagte Forum-Generalintendant Hartmut Dorgerloh. Es werde ein großes Fest mit den Humboldt-Gesellschaften aus aller Welt geben. „Wir werden im Foyer des Humboldt Forums tanzen, es werden auch Veranstaltungen hier stattfinden“, sagte Dorgerloh weiter. „Natürlich klimatisiert“, ergänzte Stiftungs-Bauvorstand Hans-Dieter Hegner, der es gemeinsam mit der BBR-Chefin übernahm, die Probleme des Hauses zu erläutern.

Computersteuerung für Kälteanlage wohl nicht richtig programmiert

Diese sollen vor allem darin liegen, dass die Kälteanlage im Keller des Gebäudes nicht wie geplant funktioniert, weil die Computersteuerung offenbar nicht richtig programmiert sei. „Hier muss nachjustiert werden“, so Wesseler. Immerhin gelte es, 400 Einzelanlagen so zu koppeln, dass in jedem Winkel des Gebäudes die gewünschte Temperatur herrsche. Zudem müssten falsch verlegte Leitungen, die die Fluchtwege verstellen, wieder abgebaut werden.

Verantwortlich für die Pannen seien sowohl die betreffenden Baufirmen als auch die Planer. „Diese Firmen müssen das in Ordnung bringen“, sagte Hegner, Die Einhaltung des gesetzten Kostenrahmens sei dadurch nicht gefährdet. Die Baukosten von 595 Millionen Euro blieben im Rahmen.

Anne Katrin Bohle, Bau-Staatssekretärin im Ministerium von Horst Seehofer (CSU), sprang der BBR-Chefin, die erst kürzlich auf der Baustelle des Pergamon-Museums erhebliche Zeit- und Kostensteigerungen erklären musste, hilfreich bei. Die allermeisten Projekte des BBR, lägen im Zeit- und Kostenrahmen, man freue sich auf die „herausragenden Ausstellungsflächen“. Aber auch sie wolle „kein Risiko für die Besucher und Kulturgüter eingehen“, daher trage sie die Entscheidung, die Eröffnung zu verschieben, voll mit.

Neues Eröffnungsszenario soll am 26. Juni beraten werden

„Sicherheit und Qualität gehen vor Tempo“, pflichtete auch Generalintendant Dorgerloh bei. Natürlich bedauere er die Verschiebung, die nun eine komplett neue Abstimmung über den weiteren Ablauf erforderlich mache. Geplant war zunächst eine Ausstellung über das Elfenbein und seine Rolle im Kolonialismus. Die Schau war bereits in der vergangenen Woche auf kommendes Jahr verschoben worden. Über neue Termine werde am 26. Juni im Stiftungsrat des Humboldt Forums beraten. Sicher sei aber, dass es keine Teileröffnung auf einer Baustelle geben werde.

„Wir werden das Gebäude zwar etappenweise eröffnen, aber dann muss bereits schon alles im Gebäude funktionieren“, sagte Dorgerloh. Nicht erforderlich sei, dass dann auch schon das Dachrestaurant eröffnet sei. Schließlich sei mit den Arbeiten dafür aber auch erst später begonnen worden. Auch müsste nicht der Innenausbau bei allen Nutzern abgeschlossen sein, den diese eigenverantwortlich vornehmen. „Aber rein logistisch ist eine Besucherführung schwer, wenn nicht alle wesentlichen Bereiche fertig sind, auch aus diesen Gründen haben wir uns gegen eine Teileröffnung entschieden“, so Dorgerloh.

Senatsspitze und Bund reagierten auffallend zurückhaltend

Hauptnutzer des Humboldt Forums ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, auch das Land Berlin (4000 Quadratmeter) und die Humboldt Universität (1000) bekommen Flächen. In dem Bau sollen insgesamt mehr als 20.000 Objekte aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien zu sehen sein.

Auffällig zurückhaltend reagierte am Mittwoch Berlins rot-rot-grüne Senatsspitze und auch die Bundesebene auf die Verschiebung. Während in den vergangenen Tagen der Streit um den freien Eintritt ins Humboldt Forum zwischen Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) öffentlich ausgetragen wurde, wollte sich Lederer auch auf Nachfrage der Berliner Morgenpost nicht äußern. Offenbar muss er die Nachricht erst einmal sacken.

Anders der kulturpolitische Sprecher der FDP im Bundestag. Hartmut Ebbing kritisierte vor allem die Informationspolitik der Stiftung und der Kulturstaatsministerin. Obwohl er Mitglied des Kuratoriums der Stiftung sei, habe er von der Verschiebung aus den Medien erfahren. „Ich bin tief verärgert und überlege, dieses Amt niederzulegen“, sagte der Berliner Bundestagsabgeordnete. Als Kuratoriumsmitglied sei er zur Vertraulichkeit verpflichtet und erfahre dennoch nichts. In der letzten Kuratoriumssitzung im November sei die Probleme mit der Klimaanlage noch nicht einmal erwähnt worden.