Antisemitismus

Al-Quds-Marsch in Berlin wird nicht verboten

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Alexander Dinger
Beim Al-Quds-Marsch in Berlin werden immer wieder antisemitische Plakate gezeigt.

Beim Al-Quds-Marsch in Berlin werden immer wieder antisemitische Plakate gezeigt.

Foto: ddp images/Omer Messinger

Auch in diesem Jahr wird der antisemitische Al-Quds-Marsch in Berlin wieder stattfinden. Allerdings unter strengen Auflagen.

Berlin.  Auch in diesem Jahr wird der antisemitische Al-Quds-Marsch wieder stattfinden. Die Innenverwaltung sieht keine Chance, die Demonstration zu verbieten. Stattdessen werde der Marsch mit harten Auflegen belegt, hieß es auf Nachfrage der Berliner Morgenpost aus der Innenverwaltung.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) wird an einer Gegenkundgebung zum Al-Quds-Marsch in Charlottenburg teilnehmen. Geisel sagte, der Al-Quds-Marsch sei eine der „widerlichsten Versammlungen, die es in Berlin gibt“.

Al-Quds-Tag in Berlin: Fahnen verbrennen ist verboten

Es sei verboten, Fahnen und Banner zu verbrennen, zu Gewalt aufzurufen und Parolen zu skandieren, die ehrverletzend seien. Es sei auch nicht erlaubt, für die Hisbollah oder ihr nahe stehende Organisationen zu werben. „Der politische Wille ist da“, sagte der Sprecher der Innenverwaltung Martin Pallgen.

Allerdings gehe man davon aus, dass ein Verbot der Veranstaltung nicht vor dem Verwaltungsgericht standhalten werde. „Ein Rechtsstaat muss rechtsstaatlich handeln“, sagte Pallgen weiter. Versammlungs- und Meinungsfreiheit gelte auch für die, die den Rechtsstaat ablehnen.

Damit hält die Innenverwaltung an dem Kurs der Vorjahre fest. Sie setzt nicht auf ein Verbot, sondern auf Auflagen. Im Einsatz sind auch Dolmetscher, die der Polizei melden, wenn es zu einem Verstoß gegen die Auflagen kommen sollte.

Initiativen fordern Verbot der Hisbollah

Der Al-Quds-Marsch startet in diesem Jahr wieder auf dem Adenauerplatz in Charlottenburg. Die größte Gegenkundgebung wird um 15.30 Uhr am George-Grosz-Platz stattfinden. Bei einer Pressekonferenz des Bündnisses gegen den Quds-Marsch in Berlin riefen mehrere Organisationen die Bundesregierung und den Berliner Senat auf, deutlich gegen Antisemitismus und Islamismus vorzugehen.

Außerdem forderten die beteiligten Organisationen ein Verbot der Hisbollah. Harte Kritik übten die Organisationen am rot-rot-grünen Senat. Es fehle eine klare Strategie gegen Islamismus in Berlin.

Kritisch äußerten sie sich zu Plänen des Innensenators, mit der Muslimbrüderschaft zu kooperieren. Auch bei der Besetzung des Islam-Institutes an der Humboldt-Universität würden liberale Kräfte fehlen.

Senat soll sich klar und deutlich von Islamisten abgrenzen

Lala Süsskind vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus sagte: „Der Al Quds-Tag ist ein Tag der antisemitischen Hetze mitten in Berlin. Und das unter den Augen der Berliner Polizei.“

Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg sagte: „An den Berliner Senat richten wir die Bitte, sich klar und deutlich von Islamisten abzugrenzen und nicht mit ihnen bei der Extremismusbekämpfung zu kooperieren. Antisemitismus und Homosexuellenfeindlichkeit dürften nicht toleriert werden.“

Zentralrat fordert strikte Auflagen

Der Zentralrat der Juden hatte zum Protest gegen die anti-israelische Al-Quds-Demonstration am Sonnabend in Berlin aufgerufen. Die Demonstration sei antisemitisch und eine islamistische Propagandaveranstaltung gegen Israel, teilte der Zentralrat am Montag mit.

Es sei unverständlich, dass diese Demo Jahr für Jahr genehmigt werde. Der Zentralrat forderte strikte Auflagen und eine konsequente Ahndung bei Verstößen.

Antisemitische Sprechchöre

Im vergangenen Jahr nahmen knapp 1600 Menschen an dem Al-Quds-Marsch teil. Sie forderten ein eigenständiges Palästina und griffen Israel in Sprechchören an. Am Al-Quds-Tag, der am Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan liegt, ruft der Iran jedes Jahr zur Eroberung Jerusalems auf.

Der Tag war 1979 vom islamistischen iranischen Revolutionsführer Ayatollah Chomeini ins Leben gerufen worden und wird seitdem in der arabischen Welt für Massenaufmärsche genutzt. Die Polizei beschlagnahmte Fahnen mit Bezug zur Terrororganisation Hisbollah und dokumentierte „Kindermörder Israel“-Sprechchöre. Auch ein Hitlergruß wurde dokumentiert.

Benjamin Steinitz von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) sagte: „Jedes Jahr wird ein Poster präsentiert, auf welchem Chamenei, der Anführer der Hisbollah, Hassan Nasrallah, sowie der Kommandant der iranischen Quds-Einheiten Kassim Soleimani abgebildet sind. Die Porträts sind mit dem arabischen Schriftzug „Hisbollah – Das sind die Sieger“ versehen.“

Bürger sollen eine Kippa tragen

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat die Bundesbürger aufgerufen, ihre Solidarität mit Israel zum Ausdruck zu bringen. Damit setze man ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit Juden und trete ein für die uneingeschränkte Religionsfreiheit und gesellschaftliche Vielfalt, sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe, zu der auch die Berliner Morgenpost gehört.

„Ich rufe alle Bürgerinnen und Bürger in Berlin und überall in Deutschland auf, am kommenden Samstag, wenn in Berlin beim „Al-Quds-Tag“ wieder in unerträglicher Weise gegen Israel und gegen Juden gehetzt wird, Kippa zu tragen.“ Klein rief zugleich dazu auf, an der Demonstration in Berlin gegen den „Al-Quds-Tag“ teilzunehmen. Das Jüdische Forum sieht solche Äußerungen eher kritisch. Es bringe nichts, so die Meinung, nur Solidarität am Quds-Tag zu zeigen, sondern auch im Alltag an den restlichen 364 Tagen im Jahr.

Remko Leemhuis vom American Jewish Committee Berlin sagte bei der Pressekonferenz: „Es ist aus unserer Sicht unverständlich, dass gerade die Bundesrepublik 74 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus ein Rückzugsraum für antisemitische Terroristen ist. Die Hisbollah bedroht mit ihren knapp 1000 Anhängern das jüdische Leben in Deutschland. Es ist an der Zeit, sie endlich in Deutschland zu verbieten und in der EU als Ganzes auf der Terrorliste zu führen.”