Die Prüfung der Dissertation von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) durch die Plagiatsexperten von VroniPlag ist nach Informationen der Berliner Morgenpost abgeschlossen. Wie der Internetseite zu entnehmen ist, wurden auf mehr als einem Drittel von über 200 Seiten Verstöße gegen wissenschaftliche Regeln gefunden. „Es ist eine sehr große Menge an Blind- und Fehlzitaten dokumentiert“, sagte Gerhard Dannemann dieser Zeitung. Er ist Jurist am Großbritannien-Zentrum der Humboldt-Universität und war an der Überprüfung beteiligt.
Gemessen an früheren Plagiatsskandalen von prominenten Politikern wie dem früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der ehemaligen Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) oder anderen auf VroniPlag dokumentierten Fällen handle es bei der Arbeit von Giffey um einen „mittelschweren Fall“, so Dannemann.
Franziska Giffey habe in Doktorarbeit Belege übernommen, ohne die Quelle zu prüfen
Allerdings sagt der Jurist auch, die Spitzenpolitikerin habe in ihrer politikwissenschaftlichen Dissertation mit dem Titel „Europas Weg zum Bürger“ besonders oft Belege aus anderen wissenschaftlichen Arbeiten übernommen, ohne die Quelle zu überprüfen. Und: Ohne anzugeben, woher der Beleg wirklich stammt. „Die ungeprüfte Übernahme von Belegen ist eine der gefährlichsten Formen des Plagiats“, sagt Dannemann, da dies ein Grundprinzip der Wissenschaft aushebele. Giffey habe auch immer wieder Zitate und Belege ohne jegliche Kennzeichnung übernommen.
„Objektiv scheinen mir alle Kriterien vorzuliegen, die nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte für den Entzug eines Doktorgrads erfüllt sein müssen“, sagt Dannemann und ergänzt, dass eine endgültige Beurteilung nur durch die Freie Universität Berlin geführt werden kann. So müsse die Prüfungskommission beispielsweise auch eine mögliche Einflussnahme durch die wissenschaftlichen Betreuer überprüfen.
Laut „VroniPlag“ gibt es in der Doktorarbeit von Franziska Giffey auf 76 von 205 Seiten Plagiatsstellen
Die Freie Universität konnte bislang keine Angaben zum eigenen Prüfungsverfahren machen. Im Familienministerium wollte man auf Anfrage keine Stellung zu den Ergebnissen von VroniPlag beziehen. Man warte die Überprüfung durch die Freie Universität ab, sagte ein Sprecher.
Laut „VroniPlag“-Wiki wurden auf 76 von 205 Seiten der Arbeit von Giffey Plagiatsfundstellen dokumentiert. „Davon enthalten elf Seiten 50 bis 75 Prozent Plagiatstext und eine Seite mehr als 75 Prozent“, heißt es dort. Auf den Abschluss der Überprüfung hatte als erstes das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hingewiesen. Laut Informationen der Berliner Morgenpost soll am Sonntag ein abschließender Bericht der Plagiatsprüfung auf „VroniPlag“ erscheinen.