Öffentlicher Dienst

Breites Bündnis fordert mehr Macht für die Bezirke

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Jens Anker
IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder (2.v.l.) präsentiert mit den Partnern am Potsdamer Platz. die neue Kampagne für eine moderne Berliner Verwaltung.

IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder (2.v.l.) präsentiert mit den Partnern am Potsdamer Platz. die neue Kampagne für eine moderne Berliner Verwaltung.

Foto: DAVIDS/Sven Darmer

Ein Bündnis von Industrie- und Handelskammer mit 30 Partnern will die Modernisierung der Berliner Verwaltung anschieben.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) und 30 weitere Verbände wollen die Berliner Verwaltungsreform beschleunigen. Am Dienstag haben sie am Potsdamer Platz eine Plakataktion gestartet. Insgesamt werden sie so an mehr als 500 Standorten auf eine effiziente Verwaltung drängen.

„Wir brauchen eine Reform der Verwaltung, Berlin kann darauf nicht länger warten“, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK, Jan Eder. „Es ist allen geholfen, wenn wir damit Erfolg haben.“ Zu den Hauptforderungen gehören die Vereinheitlichung der Verwaltungsprozesse, die klare Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken sowie die Stärkung des öffentlichen Dienstes als attraktiver Arbeitgeber.

„Nur mit tiefgreifenden Reformen lassen sich mehr Effizienz sowie Kunden- und Dienstleistungsorientierung erreichen“, sagte Eder. „Aufgrund eines jahrelangen Einstellungsstopps, verschleppter Innovationen und unklarer Zuständigkeiten hält die öffentliche Verwaltung nicht mehr mit den Bedürfnissen der wachsenden Stadt mit.“ An der Aktion beteiligen sich neben der IHK, auch der ADAC, die Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU), der Landessportbund und der Paritätische Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin e. V.

Rot-rot-grüner Senat plant einen Zukunftspakt

Der Senat hatte im vergangenen Jahr einen Reformprozess angestoßen, eine Expertenkommission hat Vorschläge erarbeitet, die derzeit vom Senat und den Bezirken besprochen werden. Mitte Mai soll dann ein „Zukunftspakt Verwaltung“ geschlossen werden. Die Ankündigung der Reform stößt beim Bündnis „Eine Stadt. Eine starke Verwaltung“ auf Zustimmung. „Wenn man das liest, stockt einem fast der Atem, wie viel sich Berlin zutraut“, sagte Jan Eder. Jetzt gehe es darum, die Vorschläge auch tatsächlich umzusetzen. „Dazu wollen wir dem Senat Rückenwind geben.“

Das Bündnis schlägt drei Sofortmaßnahmen vor: So sollen die Zuständigkeiten und Verfahren in den Bezirken vereinheitlicht und gesetzlich geregelt werden, die Bezirksbürgermeister mehr Entscheidungsgewalt erhalten und Zugangsbeschränkungen für den öffentlichen Dienst wegfallen.

Bürgermeister ist Stadträten nicht weisungsbefugt

Andere Vorschläge aus der Verwaltung sehen vor, dass die Bezirksämter einen sechsten Stadtrat erhalten, um die anfallende Arbeit besser verteilen zu können. Außerdem sollen die Ressorts Personal und Verwaltung beim Bezirksbürgermeister angesiedelt werden, damit er die Möglichkeit hat, auf andere Ressorts Einfluss zu nehmen. Das ist bislang nicht möglich, der Bezirksbürgermeister ist seinen Stadträten nicht weisungsbefugt.

In der Vergangenheit haben sich die Klagen über die Berliner Verwaltung wieder gehäuft. Für die Einrichtung eines Zebrastreifens sind in Berlin 17 Verwaltungsvorgänge nötig, manche Bauprojekte verzögern sich um bis zu einem Jahr, weil die Verkehrslenkung es nicht schafft, die Baustelle einzurichten.

Das soll sich ändern. „Das sind Dinge, die alle ärgern“, sagte Eder. Das Bündnis umfasst Mitglieder aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft. Auch der Bund und für Umwelt und Naturschutz (BUND) ist dabei. „Für die ökologische Stadtentwicklung braucht Berlin eine handlungsfähige Verwaltung“, sagte der Geschäftsführer des BUND Berlin, Tilmann Heuser. „So können wir gemeinsam die Stadtnatur effektiv schützen, die Klimaschutzziele erreichen, Mobilität stadtverträglich organisieren und damit eine hohe Lebensqualität für alle Berliner sichern.“

Auch der Verband der Kleinen und Mittelgroßen Kitaträger (VKMK) unterstützt das Bündnis. „Wir wünschen uns eine starke Verwaltung, die mehr Kundenfreundlichkeit mit einheitlichen Strukturen, effizienten Prozessen und mit gut motivierten Mitarbeitern aktiv lebt“, sagte der Geschäftsführer des Verbandes, Lars Békési.

Land hat in den Behörden viel Personal abgebaut

In den vergangenen Jahren hat das Land Berlin vor dem Hintergrund großer Haushaltsprobleme massiv Personal in den Verwaltungen eingespart. Das hat einige Behörden an den Rand der Arbeitsunfähigkeit gebracht. Jetzt stellt das Land wieder verstärkt Personal ein. Da aber viele Mitarbeiter in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, kann der Bedarf an Personal nur bedingt gedeckt werden.

In den vergangenen zehn Monaten haben sich nun Politiker und Führungskräfte aus Senatsverwaltungen und Bezirken unter der Anleitung des Staatssekretärs Frank Nägele (SPD) auf den Weg gemacht, die Strukturen zukunftsfähig zu machen. Ein wesentliches Thema der Diskussionsrunden und Arbeitsgruppen waren neben den Arbeitsprozessen und der Personalgewinnung die Bezirksämter und ihr Verhältnis zur Landesebene. Neben effizienteren Bezirksämtern sieht das Papier auch eine klare Trennung zwischen der Steuerung durch die Senatsbehörden und der Umsetzung durch die zwölf Bezirksämter vor. Der Senat dürfe nicht in die Praxis der Bezirke hineinregieren, sondern solle über Zielvorgaben klar machen, was er von den Bezirken erwarte.