Bildung

Beate Stoffers wird neue Bildungs-Staatssekretärin

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Von der Pressesprecherin zur Staatssekretärin: Beate Stoffers

Von der Pressesprecherin zur Staatssekretärin: Beate Stoffers

Foto: Jörg Carstensen / picture alliance / dpa

Die Pressesprecherin wird Nachfolgerin von Mark Rackles. Die Senatorin kann keinen überzeugenden Grund für die Veränderung benennen.

Berlin. Glaubt man Sandra Scheeres, dann war die Trennung von ihrem langjährigen Staatssekretär der harmonischste Rausschmiss, den man sich nur vorstellen kann. „Mark Rackles und ich haben sehr gut zusammengearbeitet“, sagte die SPD-Politikerin. Oder auch: „Wir trennen uns tatsächlich ohne Streit.“ Gleich nach der Pressekonferenz werde sie mit ihrem geschassten Staatssekretär und ihrer Nachfolgerin – es ist Scheeres’ bisherige Pressesprecherin Beate Stoffers – mit einem Sekt auf den Wechsel anstoßen.

Die Nachricht war bereits vorab durchgesickert

Die Nachricht, dass die Bildungssenatorin ihren engsten Vertrauten und wohl wichtigsten Mitarbeiter – jenen Mark Rackles eben, ihren Parteikollegen – vor die Tür setzen wolle, war bereits am Montag durchgesickert. Nach der Sitzung des Senats am Dienstag bestätigte Scheeres bei einer Pressekonferenz die Personalie.

Bei dieser Konferenz wollte die Sozialdemokratin eigentlich über die die aus ihrer Sicht erfolgreiche Bilanz der Jugendberufsagentur berichten. Die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter arbeiten damit mit weiteren Partnern, um junge Menschen den Start in die Ausbildung und das Berufsleben zu erleichtern. Doch für Scheeres’ Ausführungen über die „aufsuchende Beratung“ und „schuldistanzierte Jugendliche“ mochte sich niemand recht interessieren.

Der fünfte Staatssekretär, der gehen muss

Das konnte kaum verwundern. Denn mit dem 52-jährigen Rackles verliert die rot-rot-grüne Koalition nun schon ihren fünften Staatssekretär. Vor allem aber: Die Personalrochade fällt in eine Zeit, in der die Bildungspolitik nach Ansicht von Beobachtern Verlässlichkeit und Durchsetzungskraft braucht. Denn die hohen Abbrecherquoten an den Schulen, der Lehrer- und Erziehermangel sowie die überfällige Schulbauoffensive erhöhen den Druck auf Scheeres und ihre Verwaltung, vorzeigbare Ergebnisse zu liefern.

Scheeres wusste wenig Konkretes zu berichten

Warum also, Frau Scheeres, setzen Sie in einer solchen Situation den als „eigentlich starken Mann der Bildungsverwaltung“ bezeichneten Mark Rackles vor die Tür? Die Frage der Journalisten war wenig überraschend. Umso erstaunlicher war es, dass Scheeres wenig Konkretes zu sagen wusste. Sie haben siebeneinhalb Jahr mit Rackles „sehr gut“ zusammengearbeitet, und gemeinsam hätten sie vieles erreicht. Kostenloses Mittagessen für die Schüler, die Schulbauoffensive, Rackles habe das alles gut gemacht, fand Scheeres. Aber nach mehr als sieben Jahren passiere es nun mal, „dass sich die Basis ausdünnt“.

Streit über Verbeamtung sei kein Thema gewesen

Bei welchen Themen sich die Basis „ausgedünnt“ habe? „Sie müssen Verständnis haben, dass ich da nicht im Detail drüber rede“, sagte Scheeres. Die kolportierten Meinungsverschiedenheiten zum Thema Verbeamtung der Lehrer – Scheeres ist dafür, Rackles dagegen – seien nicht Grund für die Trennung gewesen. Rackles habe dieses Thema als Staatssekretär „total loyal“ bearbeitet. Nicht in seiner Eigenschaft als Staatssekretär, wohl aber als Parteigänger, soll der dem linken Flügel zugerechnete Politiker beim SPD-Parteitag allerdings beteiligt gewesen sein, eine Mehrheit gegen die Verbeamtung zu organisieren.

Bis 2018 war Rackles stellvertretender SPD-Landesvorsitzender. Nach rund acht Jahren kandierte er beim Parteitag im Juni 2018 nicht erneut. Er verband seinen Abgang seinerzeit mit heftiger Kritik am Zustand der Hauptstadt-SPD, ihren Strukturen und ihrem Vorsitzenden, Regierungschef Michael Müller. Die Führungsstrukturen seien von „Mehltau“ befallen. Rackles sprach zudem von „inhaltlicher Entkernung und personellen Stillhalteabkommen“ zwischen den Flügeln.

Ruhegehalt von 6700 Euro

Was Rackles’ Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nach rund siebeneinhalb Jahren im Amt den Steuerzahler kostet, konnte Scheeres bei der Pressekonferenz nicht beziffern. Den Regularien zufolge erhalten Staatssekretäre drei Monate lang ihre vollen Bezüge von rund 9400 Euro. Dann können sie für drei Jahre mit einem Ruhegehalt von monatlich rund 6700 Euro rechnen. Bei einem neuen Job wird das Einkommen verrechnet. Ob die Regelung bei Rackles greifen wird, ist aber unklar.

Nach seinen Zukunftsplänen müsse man ihn selbst fragen, sagte Scheeres. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sei über den Wechsel informiert gewesen. „Wir haben das abgestimmt“, sagte Scheeres. Ob Müller den Schritt goutiert habe, sagte Scheeres nicht.

Die Senatorin steht unter Druck

Der Wechsel im Bildungsressort zeigt Beobachtern zufolge auch, wie groß der Druck auf Sandra Scheeres ist. Sie gilt als einer der Schwachpunkte in der Riege der SPD-Senatoren. In Umfragen belegt sie regelmäßig den letzten Platz. Obwohl die Bildungspolitik eigentlich ein Kernthema der Berliner SPD ist, kann die Partei von ihrer Senatorin nicht profitieren. Viele Berliner sind unzufrieden mit der Situation an den Schulen.

Scheeres will zweieinhalb Jahre vor der nächsten Wahl eine neue Offensive starten, um die Schulqualität zu verbessern. Das soll die Hauptaufgabe der neuen Staatssekretärin werden. Gleichzeitig muss sie den Neubau von Dutzenden Schulen organisieren. Eine Mammutaufgabe.

Die Nachfolgerin ging in Berlin zur Schule

Rackles’ Erbe soll Beate Stoffers antreten, die bisher als Scheeres’ Pressesprecherin fungierte. Stoffers, vor 51 Jahren in Jena geboren, kennt die Berliner Bildungslandschaft von Kindesbeinen an. Sie besuchte die Grundschule am Rüdesheimer Platz und das Walther-Rathenau-Gymnasium in Grunewald und schloss am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität das Studium der Politikwissenschaft ab. Es folgten Stationen in Senatsverwaltungen und als Sprecherin der Wall AG.

Stoffers soll neue Impulse bringen

Scheeres lobt die von ihr beförderte Mitarbeiterin als „hervorragende Kennerin der Berliner Bildungslandschaft“. Sie erwarte sich von dem Wechsel neue Impulse. Für die Fachkräftegewinnung. In der beruflichen Bildung. Im Management von Konflikten an Schulen mit besonderen Problemen. Und bei der Umsetzung des landesweiten Qualitätspakets für die Schulqualität.

CDU kritisiert Negativ-Bilanz

Die CDU kritisierte den Personalwechsel. Scheeres habe Rackles zum „Bauernopfer“ für ihre verfehlte Bildungspolitik gemacht. Scheeres trage die Verantwortung, dass die Berliner Schulen im Ländervergleich zu den Schlusslichtern gehörten und die Schulabbrecherquote auf 13 Prozent gestiegen sei. „Wer eine solche Negativ-Bilanz vorzuweisen hat, muss selbst Konsequenzen ziehen und gehen“, sagten CDU-Fraktionschef Burkard Dregger und die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Hildegard Bentele. Scheeres gab sich unbeeindruckt. „Ich glaube, dass ich immer ein gutes Händchen für Personalpolitik hatte“, sagte die Senatorin.