Das Berliner Abgeordnetenhaus hat ein kostenfreies Angebot für die Klassenstufen 1 bis 6 beschlossen. Doch die Umsetzung ist unklar.

Alle Berliner Grundschüler bekommen ab August dieses Jahres ein kostenloses Mittagsessen. Das hat das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und Linke am Donnerstag beschlossen. Gleichzeitig soll die Qualität des Schulessens steigen. 50 Prozent der Speisen sollen aus Bio-Produkten hergestellt sein.

Dazu stellt das Land Berlin in diesem Jahr zunächst fünf Millionen Euro zur Verfügung. In den kommenden Jahren wird der Betrag deutlich höher ausfallen, da 2019 nur die Kosten von August bis Dezember anfallen. Derzeit laufen dazu die Verhandlungen zum anstehenden Doppelhaushalt. „Wir gehen davon aus, dass mehr Kinder – am besten alle – künftig am Schulessen teilnehmen“, sagte der Bildungsexperte der SPD, Torsten Hofer. Ein gemeinsames Essen fördere die Gesundheit und das Gemeinschaftsgefühl.

Zunächst gab es Streit über eine Kostenbeteiligung

In der Koalition war das Vorhaben zunächst umstritten. Die Grünen wollten von den Eltern einen einkommensabhängigen Beitrag für das Schulessen fordern, das lehnten SPD und Linke jedoch ab. Im Gegenzug setzten sich die Grünen bei der Anhebung der Qualitätsstandards durch, die ebenfalls einen Anstieg der Kosten bedeutet.

Wie viele der rund 170.000 Berliner Grundschüler das Angebot wahrnehmen werden, ist derzeit noch unklar. Aktuell läuft dazu eine Abfrage bei den Bezirken, deren Ergebnis noch nicht vorliegt. Die Oppositionsfraktionen kritisierten das Vorhaben deshalb. „Uns erreichen immer neue Warnbriefe“, sagte CDU-Bildungsexpertin Hildegard Bentele. Bezirke und Schulen seien mit der Einführung des kostenlosen Angebots überfordert. Das Land dürfe die Eltern nicht aus der Verantwortung für eine angemessene Ernährung ihrer Kinder entlassen.

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Die Regierungsfraktionen räumten ein, dass viele Fragen noch nicht geklärt seien. So ist noch unbekannt, welche Voraussetzungen in den einzelnen Grundschulen bestehen. Dazu werden sie in drei Kategorien unterteilt: Schulen, die das Angebot sofort umsetzten können, Schulen, die den Ausbau des Essensangebotes bis zum August in Eigenregie organisieren können und Schulen, die zum Beispiel aus Platzmangel noch nicht in der Lage sind, das Essen für alle Mädchen und Jungen realisieren zu können.

Dort wo es notwendig ist, sollen Schulen Hilfe bei der Umsetzung erhalten. Nach den Vorstellungen des Senats erhalten die Einrichtungen bei Bedarf Beratung zum Raummanagement und Hilfe bei der Suche nach geeigneten Räumen. Auch das Aufstellen von Essenscontainern auf dem Schulhof ist denkbar, sagte die Bildungspolitikerin der Linken, Regina Kittler.

Skepsis herrscht bei GEW und in den Bezirken

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin rechnet mit 9000 zusätzlich zu verpflegenden Kindern durch das kostenlose Essen, an manchen Schulen wird sich nach Prognosen die Zahl der Kinder beim gemeinsamen Mittagessen verdoppeln. Die GEW fordert deshalb, die personellen und räumlichen Voraussetzungen für die zu erwartende steigende Nachfrage zu schaffen. Der Grundschulverband hält die Einführung ebenfalls für übereilt.

Auch in den Bezirken bestehen Zweifel an der Umsetzbarkeit des Beschlusses, denn alle rechnen damit, dass deutlich mehr Kinder als jetzt das kostenlose Mittagessen wahrnehmen. Aber schon heute klagen viele Schulen über überfüllte Mensen. Fraglich ist auch, ob die Caterer in der Lage sind, ab August deutlich mehr Essen in besserer Qualität bereitzustellen.

Das Angebot soll auch für Kinder gelten, die die Grundschule nach der vierten Klasse verlassen und auf ein Gymnasium wechseln. Bis 2021 will die Landesregierung außerdem ein Konzept für ein vergünstigtes Essen an den Oberschulen vorlegen. An manchen Oberstufenzentren, die Jugendliche aus benachbarten Einrichtungen mitversorgen, zahlen Oberschüler mehr Geld für das Essen als die Auszubildenden.