Berlin. Nur jedes zweite Bauunternehmen bewirbt sich auf Ausschreibungen des Landes.

Nur noch jedes zweite Berliner Bauunternehmen bewirbt sich um öffentliche Aufträge. Zu kompliziert, zu langwierig, zu schlechte Zahlungsmoral - das seien die Gründe für die Zurückhaltung der Firmen bei landeseigenen Bauvorhaben. So lautete am Mittwoch das Fazit einer Anhörung von Baufachleuten im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses.

Nach der gescheiterten Ausschreibung für 17 Kita-Neubauten in Berlin wollten sich die Bauexperten des Parlaments bei Praktikern über die Gründe dafür informieren. Kein einziges Unternehmen hatte sich für das umfangreiche Bauprojekt beworben.

Ausschreibung schlichtweg zu groß

Nach Ansicht von Manja Schreiner von der Fachgemeinschaft Bau (FG Bau) lief die Ausschreibung an den Berliner Baufirmen vorbei. „Von den 2200 Berliner Baufirmen beschäftigen 1700 bis zu zehn Mitarbeiter“, sagte die Hauptgeschäftsführerin der FG Bau. Für sie war die Ausschreibung schlichtweg zu groß, um sich dafür zu interessieren.

Gleichzeitig scheuen viele Berliner Bauunternehmer die umfangreichen Vorgaben öffentlicher Bauvorhaben. Rund zwei Tage benötige ein Projektplaner, um das Angebot für eine öffentliche Ausschreibung fertigzustellen. Scheitern mehrere Versuche, stellten die Unternehmen ihre Bemühungen ein, so Schreiner. „Das ist frustrierend.“

Bauumsatz hat sich erhöht

Das Ignorieren der Aufträge fällt den Unternehmen derzeit leicht, weil die Baubranche unabhängig von öffentlichen Aufträgen boomt. „Der Bauumsatz hat sich innerhalb eines Jahres um 24 Prozent erhöht“, so Robert Momberg, Hauptgeschäftsführer vom Bauindustrieverband Ost. „Die Auslastung beträgt 82 Prozent, die Zahl der Beschäftigten ist im vergangenen Jahr um 8,5 Prozent auf 20.000 gestiegen.“ Außerdem bemühten sich die Firmen wieder vermehrt darum, eigenen Nachwuchs auszubilden. Derzeit lernen 625 junge Menschen in Berlin einen Beruf in der Baubranche.

Bürokratische Hindernisse und Planungsfehler

Die Bauwirtschaft wachse und könne in den kommenden Jahren weiter wachsen. Allerdings beklagen auch die im Verband der Bauindustrie organisierten Unternehmen bürokratische Hindernisse und Planungsfehler bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand. „Viele Jahre ist vieles liegengeblieben, jetzt wird versucht, das in kurzer Zeit aufzuholen“, sagte Momberg.

Damit die ehrgeizigen Neubauziele des Senats trotzdem umgesetzt werden, hatte das Land vor drei Jahren die Wohnraumförderung Berlin gegründet, die zwischen den Interessen aller Beteiligten vermitteln soll. „Die Forderung, jedes Jahr 6000 Wohnungen zu bauen, ist ambitioniert“, sagte der Vorstand der Wohnraumförderung, Jan Kuhnert.

Dazu sei auch bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften eine Erhöhung der Baukapazitäten notwendig. Derzeit verfügten aber nur zwei Gesellschaften über eine eigene Planungsabteilung, die anderen vier müssten die Leistungen bei Fremdfirmen einkaufen.

Um schneller und vor allem preiswerter zu bauen, empfiehlt die Wohnraumförderung, die geplanten Flächen für Wohnungsbau zu reduzieren, die Baustandards zu hinterfragen und zu verschlanken und vermehrt mit vorgefertigten Bauteilen zu arbeiten.