Nahverkehr in Berlin

Senat: Schwarzfahren soll straffrei sein

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Sollte die Neuregelung Gesetzeskraft erlangen, müssten BVG- und S-Bahn-Fahrgäste ohne Ticket zwar weiter ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ von zurzeit 60 Euro zahlen.
Wiederholungstäter müssten aber kein Strafverfahren, keine Geldbuße und keine mögliche Gefängnisstrafe mehr fürchten.

Sollte die Neuregelung Gesetzeskraft erlangen, müssten BVG- und S-Bahn-Fahrgäste ohne Ticket zwar weiter ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ von zurzeit 60 Euro zahlen. Wiederholungstäter müssten aber kein Strafverfahren, keine Geldbuße und keine mögliche Gefängnisstrafe mehr fürchten.

Foto: Reto Klar

Berlin will die Bundesratsinitiative zeitnah starten, um die Berliner Justiz zu entlasten. Es gibt Kritik von der BVG.

Berlin.  In der Diskussion über eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens will Rot-Rot-Grün in Berlin den Worten Taten folgen lassen: Die Justizverwaltung arbeitet dazu an einem Gesetzesentwurf, der per Senatsbeschluss als Bundesratsinitiative eingebracht werden soll. „Eine entsprechende Vorlage befindet sich in der internen Abstimmung“, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder. Der Senat werde sich mit der Möglichkeit einer Bundesratsinitiative „zeitnah“ beschäftigen.

Vor allem Linke und Grüne wollen so die Justiz entlasten. „Der politische Wille ist bei allen da“, sagte der Sprecher der Justizverwaltung, Sebastian Brux. Details der Vorlage würden mit der für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zuständigen Wirtschaftsverwaltung abgestimmt. Sollte die Neuregelung Gesetzeskraft erlangen, müssten BVG- und S-Bahn-Fahrgäste ohne Ticket zwar weiter ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ von zurzeit 60 Euro zahlen.

Wiederholungstäter müssten aber kein Strafverfahren, keine Geldbuße und keine mögliche Gefängnisstrafe mehr fürchten. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte bereits im November Sympathien für eine solche Entkriminalisierung bekundet. Der Aufwand der Strafverfolgungsbehörden stünde zur Tat „in keinem vernünftigen Verhältnis“. Auch Innensenator Andreas Geisel (SPD), der lange Zeit für die Beibehaltung der bestehenden Gesetze plädiert hatte, will sich einer Gesetzesänderung nicht mehr in den Weg stellen.

Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hatte im Interview mit der Morgenpost sogar gefordert, Schwarzfahren nicht mal mehr als Ordnungswidrigkeit zu behandeln. Sonst müssten Gerichte Einspruchsverfahren bearbeiten und die Justiz würde nicht entlastet. „Soweit wie Frau Koppers wird der Senat wohl nicht gehen“, sagte der Sprecher der Justizverwaltung, Brux. Die Bundesratsinitiative soll nur die Herabstufung von einer Straftat zur Ordnungswidrigkeit vorsehen.

Die Berliner CDU hält nichts von dem rot-rot-grünen Vorstoß

„Schwarzfahren legalisieren zu wollen, bedeutet eine gefährliche Verlotterung unseres Rechtssystems“, so der rechtspolitische Sprecher Sven Rissmann. Berlins Generalstaatsanwältin und Rot-Rot-Grün wollten damit die Ehrlichen unter denjenigen bestrafen, die für ein gültiges Ticket bezahlt und damit den Nahverkehr mitfinanziert hätten. Widerstand gibt es vereinzelt noch in der SPD. „Dass ehrliche Fahrgäste eine Fahrkarte kaufen, und die anderen davon kommen sollen, ist nicht vermittelbar“, sagte der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier. Skeptisch ist auch die BVG. „Die Menschen wären auch empört, wenn jemand ein Brötchen stiehlt und das nicht mehr bestraft werden sollte“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz.

Die Quote der in Berlin erwischten Schwarzfahrer schwankt zwischen 2,5 und acht Prozent aller kontrollierten Fahrgäste. Verurteilt wird allerdings nur ein Bruchteil von ihnen. Einem Gesetz zur Entkriminalisierung des Schwarzfahrens müsste auf Bundesebene beschlossen werden. Für den Senat wird es aber schwer werden, eine Mehrheit für seinen Vorschlag zu organisieren.

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