Berlin. Es ist auch schon wieder fast zehn Jahre her, als in Berlin das letzte Mal eine U-Bahnlinie in Betrieb gesetzt wurde. Seit 2009 pendelt ein Zug die knapp anderthalb Kilometer zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor auf der U55. Ende 2020 soll sich die Rumpflinie mit der U5 verbinden, deren Tunnel riesige Bohrer seit Jahren Unter den Linien vorangetrieben haben.
Für das Berliner U-Bahnnetz bedeutet der Lückenschluss in Mitte die erste echte Erweiterung seit Jahrzehnten. Ob demnächst andere hinzukommen, ist politisch hoch umstritten. Zuletzt ging es nur zögerlich voran. Im Jahr 2000 wuchs die Linie 2 um eine Station von Vinetastraße nach Pankow. Ein paar Jahre zuvor erreichte die U8 die Endstation Wittenau. Die letzten wirklichen Verlängerungen von U-Bahnlinien reichen zurück bis in die 80er-Jahre, als im Westen Spandau und im Osten die Neubaugebiete von Hellersdorf bis nach Hönow angebunden wurden.
Heute wünscht sich die Mehrheit der Berliner wieder mehr U-Bahnstrecken. Zwei Drittel der Befragten befürworten im Berlin-Trend einen Ausbau des Netzes. Aber die Politik tut sich schwer. Haupthindernis sind die enormen Kosten, die vor allem der teure Vortrieb der U5 im sumpfigen Grund von Mitte verursacht hat. Die 2,2 Kilometer lange Strecke wird mehr als eine halbe Milliarde Euro verschlingen. Schon vor dem Baubeginn gab es deshalb Stimmen, die die Linie für eigentlich unnötig hielten, weil nur zwei Blocks entfernt die S-Bahn den Osten mit dem Westen verbindet.
Rot-rot-grün möchte lieber Straßenbahnen ausbauen
Die rot-rot-grüne Koalition hat sich eigentlich darauf festgelegt, lieber Straßenbahnlinien zu bauen, als U-Bahntunnel zu graben. Das liegt nicht nur am Geld, sondern auch an den knappen Planungsressourcen. Diese will man auf die Tram konzentrieren, weil diese schneller den Nahverkehr entlasten kann. Diese Position bröckelt jedoch.
Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) ist als Neueinsteigerin in die Landespolitik weniger festgelegt und kann sich grundsätzlich neue Linien vorstellen. Aber bisher hat die U-Bahn überall dort, wo es konkret wird, schlechte Karten. So hat eine Studie im Senatsauftrag ergeben, dass die Strecke zwischen Hauptbahnhof und Moabit besser von einer neuen Tramlinie zu bewältigen sei als mit einer neuen U-Bahn.
Die BVG arbeitet derzeit an drei Machbarkeitsstudien zur Verlängerung von U-Bahnlinien. Ganz oben auf der Liste steht der schon seit Jahrzehnten in Aussicht gestellte Lückenschluss zwischen Wittenau und dem Märkischen Viertel. Die Anbindung des Hochhausquartiers mit fast 50.000 Einwohnern im Osten des Bezirks Reinickendorf würde demnach bis zu 250 Millionen Euro kosten, wenn sie bis zum Senftenberger Ring geführt würde. Eine kürzere Lösung wäre für 80 Millionen zu haben.
Auch Verlängerung der U1 wird befürwortet
Ebenfalls in der Prüfung ist ein Abzweig der U9 vom Kurt-Schumacher-Damm zum auf dem Noch-Flughafen Tegel geplanten Hochtechnologiezentrum. Dieser Strecke werden in Senatskreisen aber eher schlechte Chancen eingeräumt, obwohl Standortentwickler sie vehement befürworten.
Dritte Option ist der Ausbau der U7 von Rudow bis nach Schönefeld und weiter zum neuen Flughafen BER. In Berlins Südosten wird nach der Eröffnung des Flughafens ein Verkehrschaos befürchtet. Dieses werde man aber auch durch einen U-Bahnbau zunächst kaum verhindern, ist die Verkehrssenatorin überzeugt. Denn eine neue Strecke zu errichten, dauere sicherlich fünf bis sieben Jahre. Und so lange sollte es bis zum BER-Start nicht mehr dauern. Entscheidungen sowohl zur Strecke nach Schönefeld als auch zu der nach Tegel wird es aber erst geben, wenn die Eröffnung des BER wirklich sicher ist.
Eine weitere Variante, die wichtige Leute in der Koalition befürworten, wäre eine Verlängerung der U1 von der Warschauer Straße entlang der S-Bahntrasse zum Knotenpunkt Ostkreuz. U-Bahnfahrgäste wären dann direkt an die Ring-S-Bahn angebunden und würden einmal Umsteigen sparen.
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