Ermittlungen laufen

Marode Dienstgebäude: Staatsanwaltschaft ermittelt

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Alexander Dinger
Im Gebäude des Polizeiabschnitts 52 in der Friesenstraße kam braunes, mit Blei belastetes Wasser aus dem Hahn.

Im Gebäude des Polizeiabschnitts 52 in der Friesenstraße kam braunes, mit Blei belastetes Wasser aus dem Hahn.

Foto: imago stock / imago/Tom Maelsa

Feuerwehrleute und Polizisten haben Unfallanzeigen wegen baulicher Mängel gestellt. Bis sie behoben sind, könnte viel Zeit vergehen.

Berlin. Wegen maroder Dienstgebäude bei der Polizei ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft gegen unbekannt. Es geht um den Vorwurf der Körperverletzung. Das erfuhr die Berliner Morgenpost aus Justizkreisen. Grund ist eine Anzeige des SPD-Abgeordneten und Innenexperten Tom Schreiber.

Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft nach der Anzeige Schreibers keinen Grund für Ermittlungen gesehen, weil sie keinen Anfangsverdacht sah. Dagegen hatte der Politiker Beschwerde eingelegt. Nun hat die Behörde doch Ermittlungen aufgenommen. „Es freut mich, dass die Staatsanwaltschaft meiner Argumentation folgt und ermittelt“, sagte Schreiber der Berliner Morgenpost auf Nachfrage.

Um was geht es? Wegen mehrerer maroder Polizei- und Feuerwehrwachen hatte Schreiber bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gestellt. In seiner Anzeige bezog Schreiber sich auf mehrere in der Vergangenheit bekannt gewordene Fälle. Zuletzt war in einer Polizeiliegenschaft am Augustaplatz in Lichterfelde belastetes Trinkwasser entdeckt worden. Die Beamten wurden gewarnt, Wasser aus der Leitung zu trinken. Im Gebäude einer Freiwilligen Feuerwehr in Hermsdorf wurden kürzlich Legionellen entdeckt. Die Duschen mussten gesperrt werden. Im Februar dieses Jahres krachte auf dem Polizeiabschnitt an der Götzstraße in Tempelhof eine Deckenplatte auf einem Damen-WC herunter – inklusive Fäkalien. Eine Beamtin wurde nur knapp verfehlt. Schreiber führte auch mehrere Dienststellen der Berliner Polizei und der Berliner Feuerwehr an, die über Rattenbefall und Schimmel klagten. Auf dem Polizeiabschnitt 52 in der Friesenstraße kam, wie berichtet, braunes Wasser aus der Leitung. Die Grenzwerte für Blei, Mangan und Eisen wurden überschritten.

Berlin schiebt einen Sanierungsstau vor sich her

Schreiber ist offenbar nicht der Einzige, den das Thema umtreibt. Aus einer noch nicht veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten, die der Berliner Morgenpost vorliegt, geht hervor, dass seit dem Jahr 2015 insgesamt 16 Dienstunfallanzeigen von Polizisten aus mehreren Dienststellen wegen verschmutzten Trinkwassers gestellt wurden. Auch bei der Feuerwehr stellten zwei Beamte Anzeige. Betroffen waren demnach das Landeskriminalamt, die Polizeiakademie, die Direktion 3 und 5 sowie die Direktion Einsatz. Auch sechs Dienstunfallanzeigen wegen Schimmelbefalls aus der Polizeiakademie und der Direktion 1 liegen der Behördenleitung vor.

In der Innenverwaltung wird darauf verwiesen, dass man im Jahr 2017 ein „Arbeitsschutzmanagementsystem“ in-stalliert habe. Damit sollen bestehende Mängel umfänglicher dokumentiert und „nachhaltiger verfolgt werden“. Bis zum Abbau des Sanierungsstaus würden die Verantwortungsträger für den Arbeitsschutz auf jede einzelne akute Gefährdung reagieren, um die Mitarbeitenden zu schützen, heißt es in der Antwort weiter.

Allerdings schiebt Berlin auch einen Sanierungsstau bei Polizei- und Feuerwehrgebäuden vor sich her. Bis die schlimmsten Fälle abgearbeitet sind, wird es mindestens zehn Jahre dauern, schätzt man behördenintern. Bis dahin würden die Mängel priorisiert und „entsprechend dieser Priorisierung behoben“. Innenpolitiker Schreiber reicht das nicht: „Die Ermittlungen müssen zeigen, ob der Arbeitsschutz eingehalten wurde und die Behörde ihrer Führsorgepflicht nachgekommen ist.“

Gewerkschaftsvertreter unterstützen

Unterstützung bekommt Schreiber von Gewerkschaftsvertretern. „Wir weisen nicht umsonst auf die vielen maroden Liegenschaften hin. Es geht hier nicht um einen neuen Farbanstrich, sondern offensichtlich bestehende Gesundheitsgefahren für unsere Kollegen“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Stephan Kelm. Dass ein Innenpolitiker diesem Thema mit anhaltendem Atem nachgehe und die Staatsanwaltschaft entsprechende Ermittlungsverfahren auf den Weg bringe, seien gute Signale. „Wir hoffen, dass Letztere die Angelegenheit mit Herzblut betreibt und die Ermittlungen nicht im Nirwana versanden wie ähnlich gelagerte Untersuchungen“, so Kelm weiter, der damit auf die laufenden Untersuchungen bei der Schießstand-Affäre anspielt.