Berlin. Leerstehende Flüchtlingsunterkünfte in Berlin könnten eine Zwischenlösung für Studenten oder Obdachlose sein - zumindest aus Sicht ihrer Interessenvertretungen. „Sie wären eine erste Auffangmöglichkeit für Studenten, die neu in die Stadt kommen“, sagte etwa Robert Jung von der Berliner Studentenvertretung „LandesAstenKonferenz“ der Deutschen Presse-Agentur. Die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Werena Rosenke, hält eine Zwischennutzung für Obdachlose für „praktisch realisierbar und relativ einfach umzusetzen“. Die Unterkünfte könnten auch tagsüber genutzt werden.
Auch die Stadtmission würde es laut Sprecherin Ortrud Wohlwend begrüßen, wenn die Sozialverwaltung eine Nutzung für Obdachlose prüfen würde. „Es muss dann aber auch Personal da sein“, betonte sie. Doch die Verwaltung lehnt eine solche Nutzung ab.
Laut Studierendenwerk warten aktuell rund 4100 Studenten auf einen Wohnheimplatz. Bereits vor einem Jahr hätte die Berliner Studenten Notunterkünfte gefordert. Getan habe sich nichts, kritisierte Jung. Mindestens ebenso viele Obdachlose leben auf den Straßen Berlins. Manchen Schätzungen gehen von deutlich höheren Zahlen aus.
Senatorin: „Wir brauchen die Unterkünfte für Flüchtlinge“
Gleichzeitig stehen laut einem Bericht des RBB vom Sonntag in Berlin viele Flüchtlingsunterkünfte in Containerdörfern leer. Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) sprach im Fernsehinterview von rund 3000 Plätzen. Obdachlose in die temporären Unterkünfte - das ist für Breitenbach keine Option. „Wir brauchen die Unterkünfte für Flüchtlinge“, betonte sie im RBB. Für die Kältehilfe für Obdachlose stünden rund 1200 Plätze bereit, betonte sie.
Sie erklärte den Leerstand in den Flüchtlingsheimen unter anderem mit Umbauarbeiten. Auch könnten zum Beispiel Wohnungen mit vier Betten nicht voll belegt werden, wenn eine Familie nur drei Mitglieder habe. Es stehen laut RBB aber auch ganze Standorte leer - auch, weil noch keine Betreiber gefunden wurden. Die Senatorin sprach auch von langwierigen Ausschreibungsverfahren.
„Zurzeit sind zirka 1800 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften durch juristische Auseinandersetzung oder bauliche Mängel nicht belegbar“, ergänzte Karin Rietz von der Pressestelle der Senatsverwaltung. Allerdings werde sich die Situation spätestens Anfang 2019 rapide zum Besseren wenden. Benötigt würden die Plätze zuerst für Flüchtlinge, und zwar für den Freizug der Notunterkünfte.
Kältehilfe-Einrichtungen derzeit zu 80 Prozent ausgelastet
Auch rechtliche Gründe sprächen laut Referentin Rietz gegen eine Nutzung durch Studenten oder Obdachlose. Die Anlagen seien nach Flüchtlingsbaurecht errrichtet worden und daher in den ersten drei Jahren nur für Geflüchtete vorgesehen. Außerdem: „Viele obdachlose Menschen können sich auch gar nicht mehr in geschlossenen Räumen aufhalten“, sagte Rietz.
Die Kältehilfe-Einrichtungen seien derzeit nur zu 80 Prozent ausgelastet. An besonders zentralen Stellen sieht die Lage aber anders aus. Laut Ortrud Wohlwend kamen in der Nacht zu Montag 175 Menschen in die Unterkunft in der Lehrter Straße. Platz gibt es dort eigentlich nur für 125 Menschen.