Berlin. Die Reederei Stern und Kreis lässt für rund vier Millionen Euro zwei Solarboote für die Personenschifffahrt bauen.

31 dieselbetriebene Personenschiffe zählen zur Flotte von Berlins größter Reederei Stern und Kreis. Im kommenden Jahr sollen erstmals zwei solarbetriebene Boote in Betrieb genommen werden, sagte Stern-und-Kreis-Geschäftsführer Andreas Behrens am Donnerstag. Für das Projekt hat sich die Reederei mit dem Unternehmen Solar Water World AG zusammengetan. Die neuen, umweltfreundlichen Schiffe sollen unter Flagge der Gemeinschaftsfirma Solar Circle Line fahren. Nahezu vier Millionen Euro investieren die Partner in das Projekt. Berlins Personenschifffahrt steht seit einiger Zeit auch unter politischem Druck, die Schadstoffemissionen zu reduzieren. „Diese Kooperation bringt uns ein ganzes Stück nach vorne“, erklärte Behrens. Stern und Kreis befördert jedes Jahr bis zu 900.000 Passagiere über Havel und Spree.

Bereits Mitte 2019 sollen die beiden Solarschiffe auf den Berliner Gewässern eingesetzt werden. Auf den Booten ersetzen Batterien den Dieseltank. Die Schiffe gleiten deswegen fast geräuschlos über das Wasser. Geladen werden die Akkus während der Fahrt über die 48 Solarmodule, die auf dem Dach eines Bootes verbaut sind. Aber auch an Land ist das Aufladen möglich. Für den bis zu zehn Stunden dauernden Prozess soll an der Stern-und-Kreis-Zentrale im Treptower Park auch eine Schnellladesäule aufgebaut werden. Eine Batterieladung werde für zehn bis zwölf Stunden Fahrt ausreichen, versprach Tim Schultze, Geschäftsführer der Solar Water World AG, die als Chartergesellschaft in Berlin bereits Solarschiffe zum Mieten anbieten.

Werft aus Sachsen-Anhalt baut die Solarboote

Um Energie zu sparen, musste sich aber auch die Bauweise der Boote ändern. Herkömmliche Personenschiffe werden vor allem aus Stahl gebaut. Die Solarboote, die von der Solar Circle Line bei der Kiebitzberg-Werft in Havelberg (Sachsen-Anhalt) in Auftrag gegeben worden sind, werden hingegen ausschließlich aus Aluminium und Spezialglas bestehen. Dadurch sind die Schiffe wesentlich leichter. Die Katamaran-Bauweise und driftoptimierte Rümpfe sollen zudem für möglichst wenig Wasserwiderstand sorgen.

Im kommenden Sommer werden zwei solarbetriebene Boote in Betrieb genommen.
Im kommenden Sommer werden zwei solarbetriebene Boote in Betrieb genommen. © © SolarCircleLine/Grafik: Kiebitzberg Schiffswerft | © SolarCircleLine/Grafik: Kiebitzberg Schiffswerft

180 Personen sollen an Bord der Schiffe jeweils Platz finden. Eines der Boote soll in den regulären Linienbetrieb von Stern und Kreis integriert werden. Das zweite Solarschiff will das neue Gemeinschaftsunternehmen Privatpersonen und Firmen für Feiern oder Konferenzen anbieten. Im Innenbereich und an Deck sollen die neuen Boote deutlich anders aussehen als die Personenschiffe, mit denen Stern und Kreis derzeit die Gewässer in der Region befährt. „Wir wollen ein Jacht-Feeling kreieren“, kündigte Louise Ahrens, Geschäftsführerin bei Solar Water World an. Im Außenbereich wird es keine Stuhlreihen mehr geben, stattdessen wird ausreichend Platz zum Flanieren sein. Der Innenraum soll einen Barbereich und auch flexible Sitzbereiche bieten. Eine Küche hingegen gibt es nicht mehr. Auch das wird künftig Energie sparen.

Für die Berliner Personenschifffahrt sind die zwei Solarboote der erste Schritt in eine umweltfreundlichere Zukunft. Etwa 150 Ausflugsdampfer befahren derzeit die Flüsse und Seen im Großraum Berlin. Nahezu alle Schiffe werden von Dieselmotoren angetrieben. Zwar gibt es Unternehmen, die einige Schiffe bereits mit Rußpartikel- und Stickoxid-Filter nachgerüstet haben. Doch auch diese Technik wird langfristig nicht ausreichen, um die Grenzwerte einzuhalten. Berlins größter Reeder, Stern und Kreis, will den Weg zur umweltfreundlichen Fahrgastschifffahrt gehen, sagte Andreas Behrens. Günstig wird es nicht: Das Umrüsten von herkömmlichen Dieselmotoren zu sogenannten Diesel-Hybriden, die zeitweise auch nur mit Strom unterwegs sein können, kostet pro Schiff mehrere Hunderttausend Euro. Derzeit experimentiert sein Unternehmen auch mit alternativen Kraftstoffen. Der synthetischen Sprit GTL erzeugt zwar bis zu 25 Prozent weniger Dieselemissionen, ist aber auch nur eine Übergangslösung.

Der rot-rot-grüne Senat will die Schifffahrtsunternehmen dazu verpflichten bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 30 Prozent und ihre Dieselemissionen um 90 Prozent zu reduzieren. Stern und Kreis zeigt sich dafür offen, hofft allerdings auch auf eine finanzielle Förderung, um die Umrüstungen angehen zu können.

Die Naturschutzverbände BUND und Nabu mahnen zur Eile. „Solarboote sind ein erster Schritt, aber es ist auch noch viel zu tun“, sagte BUND-Sprecherin Carmen Schultze. Im vergangenen Jahr hatten rund 3,5 Millionen Gäste eine Schifffahrt bei den 33 Berliner Reedereien gebucht.