Berlin. Die Staatsanwaltschaft hat seit der Veränderung des Gesetzes zur sogenannten Vermögensabschöpfung Entscheidungen zur Einziehung illegal erworbenen Geldes im Gesamtwert von fast 110 Millionen Euro erwirkt. Das teilte eine Mitarbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch im Rechtsausschuss mit. Die Einziehung gehe auf knapp 2900 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren zurück. Vor einigen Monaten hatte die Staatsanwaltschaft die Summe des Vermögens deutlich niedriger beziffert. Eine Behördenvertreterin begründete dies jetzt mit Erfassungsproblemen.
Der Bundestag hatte die seit Juli 2017 geltende Gesetzesänderung beschlossen, um den Behörden die Arbeit zu erleichtern. Davor musste die Staatsanwaltschaft detailliert nachweisen, welches Geld aus welcher Straftat stammt. Nun kann es auch bei einem begründeten Verdacht beschlagnahmt werden.
Beschlagnahmung teurer Sportwagen zeigt große Wirkung
Ermittler betrachten dies als vielversprechende Möglichkeit im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Szenekundige Beamte berichteten schon vor Jahren, dass zum Beispiel der Entzug teurer Sportwagen gerade bei jungen kriminellen Mitgliedern arabischstämmiger Großfamilien große Wirkung zeigen könne. Für Schlagzeilen hatte im Juli dieses Jahres die Beschlagnahmung von 77 Immobilien eines Mitgliedes der polizeibekannten arabischen Großfamilie R. im Wert von mehr als neun Millionen Euro gesorgt.
Die seit März ernannte Leiterin der Generalstaatsanwaltschaft, Margarete Koppers, wies darauf hin, dass Kriminelle versuchen könnten, auf die Gesetzesänderung zu reagieren, um die Herkunft ihres Vermögens zu verschleiern. „Die organisierte Kriminalität ist natürlich ein illegales, lernendes System“, sagte Koppers. Der SPD-Abgeordnete Tom Sehreiber verwies darauf, dass Mitglieder krimineller Clans versuchen würden, illegal erworbenes Vermögen formal Dritten zuzuordnen. Dies könne die Vermögensabschöpfung erschweren. Schreiber: „Das Problem ist, dass die meisten von denen gar kein Auto besitzen. Sie fahren aber damit herum.“
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