Berlin. Der Ärger vieler Fluggäste ist in diesen Tagen groß. Erst zahllose Flugausfälle und Verspätungen nach Sicherheitspannen in München und Frankfurt am Main, dann auch noch der Pilotenstreik bei Ryanair. Ausgerechnet in der Ferienzeit scheint der Flugreiseverkehr in Deutschland zu kollabieren. Auch an den beiden Berliner Airports Tegel und Schönefeld läuft längst nicht alles rund. Passagiere berichten von stundenlangem Warten auf das Gepäck. Manch einer bekommt seine Koffer erst nach Tagen oder überhaupt nicht wieder.
Eine Ursache: Nach den Sicherheitspannen in München und Frankfurt waren viele Flieger gestartet, ohne das Gepäck ihrer Passagiere mitzunehmen. Die Koffer kamen nach, müssen nun aber im „Baggage Center“ von Hand sortiert und den Passagieren zugeordnet werden. Dies sei sehr zeitaufwendig, sagte Flughafensprecher Hannes Hönemann. Vor einem Gepäckchaos wie noch vor einem Jahr im Zusammenhang mit der Air-Berlin-Insolvenz will die Flughafengesellschaft allerdings nicht sprechen.
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup verweist im Interview mit der Berliner Morgenpost vielmehr darauf, dass das Gepäckaufkommen derzeit doppelt so hoch sei wie zu anderen Zeiten. „Im Frühjahr oder im Herbst reisen viele Geschäftsleute – oft nur mit Handgepäck. Jetzt ist die Urlaubszeit und die Familien fliegen mit vielen Koffern an ihre Urlaubsorte“, sagte Lütke Daldrup. Hinzu käme die Hitze. Vor allem auf den Vorfeldflächen, auf denen die Flugzeuge abgestellt werden, sei es derzeit „wahnsinnig heiß“. Dies hätte extreme Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter zur Folge, die bis zu 30 Kilogramm schwere Koffer in die Maschinen ein- oder ausladen. „Für mich sind das wahre Helden des Alltags“, so Lütke Daldrup.
80 Prozent in Verantwortung der Airlines
Für die aktuell besonders häufigen Verspätungen und Ausfälle machte der Flughafenchef in erster Linie die Airlines verantwortlich. Nur 20 Prozent der Flugverspätungen in Tegel seien auf Probleme zurückzuführen, für die die Flughafengesellschaft und deren Dienstleister zuständig seien. 80 Prozent würden demnach in Verantwortung der Airlines beziehungsweise der Überlastung des Luftraums entstehen.
„Wenn eine Maschine eine Stunde zu spät kommt, ist nicht der Flughafen schuld, wenn der Weiterflug nicht pünktlich startet. Und auch nicht, wenn keine Reserve-Crew da ist“, sagte Lütke Daldrup. Zuvor hatte es vor allem von der Lufthansa Kritik an der veralteten, wenig leistungsfähigen Infrastruktur der Berliner Flughäfen gegeben.
Lütke Daldrup wies auch darauf hin, dass die Dienstleister Vertragspartner der Airlines und nicht die der Flughafengesellschaft seien. Gerade in diesem Bereich gibt es seit Jahren einen heftigen Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Anbietern. Allein in Tegel und Schönefeld arbeiten derzeit mehr als ein halbes Dutzend Unternehmen, die mit harten Bandagen um die Aufträge der Airlines kämpfen. „Ich habe den Eindruck, dass gerade bei den Bodenverkehrsdienstleistern inzwischen Preise aufgerufen werden, die es schwer machen, für diese harte Arbeit genügend qualifiziertes Personal zu finden“, so Lütke Daldrup.
Flughafenmitarbeiter unterstützen Bodendienstleister
Den aktuellen Problemen bei der Gepäckabfertigung will die Flughafengesellschaft aber dennoch nicht tatenlos zusehen. Laut Flughafensprecher Hönemann werden in den nächsten Tagen mindestens zehn Flughafenmitarbeiter die Bodendienstleister unterstützen. Am kommenden Wochenende gehen in Berlin und Brandenburg die Ferien zu Ende, in Tegel und Schönefeld wird dann noch einmal ein besonders großes Passagieraufkommen erwartet.
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