Beschlagnahmungen

Ermittlungen nach Clan-Razzia laufen auf Hochtouren

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A. Dinger und H. Nibbrig
Im Bodemuseum haben Diebe eine 100-Kilo schwere Goldmünze im Nennwert von eine Million kanadische Dollar gestohlen. Sie sollen zur Clan-Familie R. gehören (Archiv)

Im Bodemuseum haben Diebe eine 100-Kilo schwere Goldmünze im Nennwert von eine Million kanadische Dollar gestohlen. Sie sollen zur Clan-Familie R. gehören (Archiv)

Foto: dpa Picture-Alliance / Paul Zinken / picture alliance / Paul Zinken/d

Beamte untersuchen den Geldwäsche-Verdacht. SPD-Politiker fordert eine neue Polizeiabteilung für Sozialleistungsbetrug in Großfamilien.

Mit der Beschlagnahmung von 77 Objekten und einer Kleingartenanlage ist den Berliner Ermittlern ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität gelungen. Doch ob die Aktion am Ende von Erfolg gekrönt sein wird, ist allerdings noch völlig unklar. Anklagen sind vorerst nicht in Sicht. Die Ermittlungen wegen Geldwäsche seien ganz am Anfang, sagt der Leiter der Berliner Staatsanwaltschaft, Jörg Raupach, am Freitag dem RBB-Inforadio.

Die Warnung des Leitenden Oberstaatsanwalts vor voreiliger Begeisterung hat auch gute Gründe. Die Änderungen der Bestimmungen über die Abschöpfung kriminell erworbener Gewinne erleichtert den Behörden die Arbeit, beweispflichtig bleiben sie trotzdem.

Gerichte müssen von Begründung der Ermittler noch überzeugt werden

Bis vor einem Jahr mussten sie detailliert nachweisen, welches Geld aus welcher Straftat stammt, heute reicht unter Umständen eine schlüssige Begründung, wonach das Geld beispielsweise für den Ankauf von Immobilien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus einer Straftat kommen muss, weil es eine andere Möglichkeit definitiv nicht gibt. „Mit derartigen Begründungen müsse man dann allerdings noch die Gerichte überzeugen“, sagte Justizsprecherin Sabine Löbler. Und eine Garantie dafür gibt es nicht, wissen erfahrene Staatsanwälte.

In Hintergrundgesprächen kritisieren Staatsanwälte, die sich mit organisierter Kriminalität (OK) beschäftigen, dass der Gesetzgeber den Ermittlungsbehörden mit der Vermögensabschöpfung zwar ein weiteres Instrument an die Hand gegeben habe, es in Deutschland aber nach wie vor keine Beweislastumkehr wie in anderen Ländern gebe. „Hier ist man nur den halben Weg gegangen“, sagte ein erfahrener OK-Staatsanwalt der Berliner Morgenpost.

Clan soll Eigentumswohnungen mit Geld aus Straftaten gekauft haben

Vielmehr rechnet die Anklagebehörde mit Gegenwehr und damit, dass Anwälte der 16 Beschuldigten, die der seit vielen Jahren in Berlin lebenden Großfamilie R. oder deren Umfeld angehören, Rechtsmittel einlegen werden. Ein Widerspruch liege schon vor. Die Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäuser sollen mit Geld aus Straftaten wie einem spektakulären Sparkasseneinbruch von 2014 gekauft worden sein.

Die Familie wird für zahlreiche weitere Verbrechen verantwortlich gemacht. Unter anderem sollen Mitglieder der Familie auch die Goldmünze aus dem Bode-Museum gestohlen haben. Nach dem Sparkasseneinbruch war den Ermittlern ein Mitglied der Großfamilie aufgefallen, das nach dem Coup mit der verschwundenen Beute Eigentumswohnungen kaufte, während es von Hartz IV und Kindergeld lebte. Die Ermittler begannen, Konten und Grundbücher zu durchforsten. Sie stießen auf eine Spur des Geldes. Die Ermittlungen dazu begannen bereits im Jahr 2014.

Auch aus diesem Grund fordert der Berliner SPD-Politiker Tom Schreiber eine neue Ermittlungseinheit bei der Berliner Polizei, die sich um Sozialleistungsbetrug mit Clanbezug kümmert. Die Ermittlungsgruppe müsste in den Bezirken eng mit den Ämtern zusammenarbeiten. „Wir müssen die Clans dort treffen, wo es ihnen wehtut und das ist das Geld“, sagte Schreiber dieser Zeitung.

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( mit dpa )