Spektakuläre Maßnahme

Behörden beschlagnahmen 77 Häuser mutmaßlicher Krimineller

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Polizisten in Berlin (Archivbild)

Polizisten in Berlin (Archivbild)

Laut einem Medienbericht sind Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Mitglieder einer arabischen Großfamilie vorgegangen.

Berlin.  Polizei und Staatsanwaltschaft haben im Kampf gegen die organisierte Kriminalität offenbar eine spektakuläre Maßnahme ergriffen: Nach Informationen des Nachrichtenportals „Spiegel Online“ beschlagnahmten die Behörden in Berlin 77 Immobilien, die Mitgliedern einer arabischen Großfamilie zugerechnet werden.

Der Wert der Grundstücke und Häuser soll sich auf zehn Millionen Euro belaufen. Darunter seien Ein- und Mehrfamilienhäuser, Wohnungen und eine Kleingartenkolonie. Die Behörden gehen laut Bericht davon aus, dass der Ankauf der Immobilien durch Straftaten finanziert wurde. Ein Sprecher der Justizverwaltung bestätigte den Bericht auf Anfrage der Berliner Morgenpost. Einzelheiten werde die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilen, hieß es weiter.

Bei dem Clan handelt es sich den Informationen zufolge um die Familie R. Sie gilt als eine der größten arabischen Großfamilien der Stadt und ist auch bundesweit polizeibekannt. Viele ihrer Mitglieder fielen wiederholt mit teils spektakulären Straftaten auf. Ein Anhänger des Clans hatte beispielsweise im Oktober 2014 fast zehn Millionen Euro aus einer Sparkasse im Ortsteil Mariendorf erbeutet. Der Täter aus den Reihen der Familie R. wurde zwar verurteilt, die Beute blieb jedoch verschwunden.

Polizei fahndet mit Video nach Münzräubern
Polizei fahndet mit Video nach Münzräubern

Aktuell bereitet die Staatsanwaltschaft gegen Mitglieder der Familie R. eine Anklage vor, weil sie für den spektakulären Raub der 100 Kilogramm schweren Goldmünze „Big Maple Leaf“ aus dem Bode-Museum im März vergangenen Jahres verantwortlich sein sollen. Die mutmaßlichen Täter werden sich wohl bald vor Gericht verantworten müssen. Von der Beute fehlt aber auch in diesem Fall jede Spur. Mutmaßlich wurde die Münze eingeschmolzen und das Gold zum Materialwert verkauft.

Den Erlös der Straftaten, so die Vermutung, könnten Angehörige der Familie R. für die Finanzierung der nun beschlagnahmten Immobilien genutzt haben. Die Geschäfte sollen über mutmaßliche Strohleute im Libanon abgewickelt worden sein. Laut „Spiegel Online“ gingen der Maßnahme umfangreiche Finanzermittlungen des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) voraus.

Ob die Immobilien dauerhaft entzogen werden können, muss nun ein Gericht entscheiden. Grundlage der Maßnahme, die in dieser Größenordnung zu den bundesweit bisher bedeutendsten gehören dürfte, ist ein im Juli 2017 erlassenes Gesetz zur sogenannten Vermögensabschöpfung. Dieses Gesetz besagt: Besteht der Verdacht, dass Vermögen durch kriminelle Geschäfte erworben wurden, dürfen die Behörden diese Werte einziehen.

Rauschgifthandel, Prostitution und Erpressung

Aus dem Umfeld der Sicherheitsbehörden heißt es, dass im Bereich der organisierten Kriminalität in Berlin etwa acht arabische Großfamilien aktiv seien. Nicht alle ihrer Mitglieder seien durch Straftaten aufgefallen. Viele seien aber im Rauschgiftgeschäft aktiv, im Bereich der Schutzgelderpressung, des Menschenhandels oder des Rotlichtmilieus. Immer wieder fielen Mitglieder arabischer Großfamilien auch durch spektakuläre Raubtaten auf – wie dem Einbruch ins KaDeWe im Dezember 2014.

In den vergangenen Jahren haben viele kriminelle Mitglieder der Großfamilien ihre Aktivitäten auf legale Geschäfte erweitert – etwa durch Immobilienkäufe. Der Bezirk Neukölln versucht seit einigen Monaten, dem Problem mit einer besseren Kooperation der Behörden zu begegnen. Staatsanwaltschaft und Ordnungsämter sollen dabei Hand in Hand gegen die von kriminellen Mitgliedern der arabischen Großfamilien betriebenen Etablissements vorgehen – etwa durch unangekündigte Kontrollen. Die nun erfolgte Maßnahme, nach offenbar umfangreichen Finanzermittlungen auch im großen Stil Vermögen zu beschlagnahmen, zeigt, dass das Landeskriminalamt auch gegen die Hintermänner vorgehen will.

"Sie da treffen, wo es ihnen wirklich wehtut"

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte die Beschlagnahmungen. Er sei froh über dieses „außergewöhnliche Zwischenergebnis“, teilte der GdP-Landesvorsitzende Norbert Cioma am Donnerstag mit. Er danke den Kollegen für „ihre akribische und nachhaltige Ermittlungsarbeit“.

Nun wird damit gerechnet, dass die Beschuldigten versuchen, Gerichte einzuschalten und die Beschlagnahmung juristisch anzufechten.

Cioma erklärte dazu: „Im weiteren Verlauf werden wir sehen, ob sich die letztjährigen Gesetzesveränderungen zur Vermögensabschöpfung als geeignet erweisen, um endlich effektiv gegen die kriminellen Machenschaften arabischer Clans vorzugehen und sie da zu treffen, wo es ihnen wirklich wehtut, beim Geld.“

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( BM )