Die Reichsbürger-Bewegung in Berlin wächst weiter an. Ende März dieses Jahres verzeichnete der Verfassungsschutz 550 Anhänger, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten und Innenexperten Tom Schreiber. Gegenüber 2016, als die Behörden mit der gezielten Überwachung der Bewegung begannen, ist das ein Anstieg um knapp 40 Prozent. Unter den 550 Anhängern befinden sich 130 registrierte Rechtsextremisten, teilte die Innenverwaltung weiter mit.
Reichsbürger verstehen sich – daher der Name – als Angehörige des „Deutschen Reiches“, die Bundesrepublik als Staat erkennen sie nicht an. Sie verfügen über eigene, selbst gefertigte Personaldokumente. Erst im April ging die Polizei gegen zwei Männer aus Weißensee vor, die solche Ausweise herstellten und verkauften. Von den Behörden werden Reichsbürger vor allem als „lästig“ wahrgenommen. Sie ignorieren behördliche Anordnungen und Kostenbescheide, weigern sich häufig, Steuern und Abgaben zu entrichten, und überhäufen stattdessen Behörden und Gerichte mit Beschwerden und Klagen.
Sogenannte Gefährder, Personen, die nach Einschätzung von Polizei und Verfassungsschutz politisch motivierte Gewalttaten verüben könnten, gibt es laut Innenverwaltung unter den Berliner Reichsbürgern derzeit nicht. Als harmlos können sie dennoch nicht bezeichnet werden. Sie beleidigen und bedrohen schriftlich oder telefonisch Behördenmitarbeiter; Polizisten oder Gerichtsvollzieher werden bei ihrer Tätigkeit im Außendienst direkt beschimpft und bedroht. Alle Betroffenen verzeichnen dabei eine stark gestiegene Aggressivität. Zu Verbreitung ihrer Ideologie sowie zur Anwerbung neuer Mitglieder nutzen Reichsbürger fast ausschließlich das Internet. Über spezielle Treffpunkte ist nichts bekannt.