Berlin. In Gatow herrscht dieser Tage Chaos. Vergangene Woche versetzte die Ankündigung einer Baustelle den Spandauer Süden in Aufregung, weil ein Teil der Gatower Straße sechs Monate lang zur Einbahnstraße werden sollte. Die rund 20.000 Einwohner der Region wären damit nur noch über eine Straße in die Innenstadt gekommen. Am Donnerstag dann die überraschende Kehrtwende: Das Bezirksamt sagte die Arbeiten ab – eine Woche vor dem geplanten Baubeginn. Baustadtrat Frank Bewig (CDU) erklärte, ihm sei keine andere Option geblieben, als die Reißleine zu ziehen. Der Grund: Die verkehrsrechtliche Anordnung der Verkehrslenkung Berlin lag nicht vor. „Ohne die Anordnung können wir mit den Bauarbeiten nicht anfangen“, so Bewig. „Es blieb nur zu sagen: Jetzt reicht’s.“
Die Planungen für den Ausbau des Havelradwegs in Gatow laufen bereits seit 2012. Und es ist nicht das erste Mal, dass die Umsetzung scheitert. Im Jahr 2015 gab es laut Bewig bereits eine ähnliche Situation: Die Baufirma kündigte den Vertrag, weil eine Anordnung der Verkehrslenkung nicht vorlag. „Mittlerweile hat die damalige Firma das Land Berlin auf Schadenersatz verklagt“, sagte Bewig.
Die Berliner Verkehrslenkung weist die Schuld dagegen von sich. „Die Verkehrslenkung Berlin wurde vom Baustopp selbst überrascht“, sagte ein Sprecher der Verkehrsverwaltung. „Die verkehrsrechtliche Anordnung ist fertig und liegt zur Unterschrift vor.“ Zuletzt habe man dem Spandauer Straßenamt am Donnerstagvormittag mitgeteilt, dass die Anordnung am 2. Juli – also drei Tage vor Baubeginn – erteilt werden soll. Im Rückblick auf den gescheiterten Ausbau des Radwegs 2015 heißt es, „unklare Bauabläufe und dadurch unklare Beantragungen der notwendigen Verkehrsmaßnahmen“ hätten die Anordnung damals verzögert.
In Gatow ist derweil die Erleichterung groß, dass die Baustelle erst mal abgesagt ist. Verflogen ist der Ärger aber noch nicht: Am Donnerstag versammelten sich mehrere Hundert Menschen, um ihren Unmut über die geplante Einbahnstraße und die fehlende Transparenz loszuwerden. Auch von der SPD gab es Kritik. „Wenn 20.000 Bürger eingeschlossen werden, können wir das nicht akzeptieren“, sagte Ulrike Sommer, stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende in Spandau und Vorsitzende der SPD Gatow und Kladow. Zur kurzfristigen Absage des Ausbaus sagte sie: „Frank Bewig hat kalte Füße bekommen, statt eine vernünftige Baustellenlösung zu entwickeln.“
Wie es mit den Bauarbeiten weitergeht, ist offen. „Ich sehe die Maßnahme für 2018 überhaupt nicht“, sagte Bewig. Genauso unklar ist, inwieweit die Baufirma diesmal Schadenersatz fordert. Erste vorbereitende Erdarbeiten waren in Gatow bereits erfolgt.
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+++ Berlin-Podcast +++ Die Bergius-Schule in Friedenau macht es vor: Mit Disziplin wurde aus einer Problemschule ein Vorbild. Aus einem Problem-Bus wurde unterdessen der „Bus der Zukunft“, mit Panorama-Dach, WLAN und USB-Buchsen. Und an der Polizeiakademie gibt es Probleme mit der Rechtschreibung. Das und mehr in der aktuellen Ausgabe „Molle und Korn“.
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