Nach der heftiger Kritik an der Polizeiausbildung kündigt Barbara Slowik ein Konzept zur Personalpolitik an.
Um einen Zusammenbruch der Polizeiausbildung in Berlin zu vermeiden, muss die Ausbildung zeitnah umgestellt werden. Das ist das drastische Fazit von Sonderermittler Josef Strobl, früher leitender Polizist in Bayern, der im Auftrag der Senatsinnenverwaltung die Zustände an der Polizeiakademie untersucht hat. Seinen Bericht hat Strobl am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses vorgestellt. Seiner Einschätzung nach gibt es zu wenig Lehrer, zudem komme es zu massivem Unterrichtsausfall. Die Unterbringung der Polizeischüler bezeichnete er als mangelhaft und das Einstellungsverfahren als untauglich.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) kündigte noch im Innenausschuss an, dass die Ausbildung an der Polizeiakademie umstrukturiert werden soll. So sollen etwa mehr Lehrer eingestellt werden. Laut Strobl fehlen 50 Lehrkräfte. Geisel bestätigte im Ausschuss auch den schon länger kursierenden Namen der neuen Leiterin der Berliner Polizeiakademie in Spandau. Demnach soll Polizeidirektorin Tanja Knapp, Chefin des Polizeiabschnittes 53 in Kreuzberg, die Leitung vom 2. Juli an übernehmen.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte der Berliner Morgenpost, dass sie sich zeitnah mit Knapp verständigen werde, wie man die Ausbildung an der Akademie umstrukturieren werde. So sei etwa geplant, Deutsch- und Englischunterricht und auch die Prüfungen von externen Dienstleistern abnehmen zu lassen. Künftig seien Bewerbungen auch jederzeit und nicht nur in zwei Zeiträumen während des Jahres möglich. Die Zeit zwischen Bewerbung und Ausbildungsbeginn könne etwa mit einem Kennenlern-Praktikum überbrückt werden.
Polizeischüler sollen günstiger wohnen können
Slowik kündigte im Gespräch mit der Berliner Morgenpost auch ein Konzept mit dem Arbeitstitel „Polizei 3.0“ an, das sie in den nächsten Wochen vorstellen werde. In dem Papier geht es um die künftige Personalpolitik der Hauptstadtpolizei. So gibt es etwa Gedankenspiele, ob bereits pensionierte Polizisten künftig etwa als Kontaktbereichsbeamte eingesetzt werden können. Ein weiterer Punkt sei günstiger Wohnraum für Polizeischüler. Nach Informationen der Berliner Morgenpost prüft die Behördenleitung, ob auf dem Ausbildungsgelände in Ruhleben Wohncontainer aufgestellt werden können. Auch eine Nutzung der „Tempohomes“, in denen auf dem Tempelhofer Feld derzeit Flüchtlinge untergebracht sind, werde geprüft.
In seinem Bericht hat Sonderermittler Strobl neben den schlechten Unterbringungsmöglichkeiten noch weitere Missstände benannt. So fallen etwa 37 Prozent des Deutschunterrichtes aus – in der Spitze bis zu 58 Prozent. Zwar schloss Strobl aus, dass die Polizeiakademie von der organisierten Kriminalität unterwandert werde, allerdings sagte er, dass mehr Disziplin nötig sei. Das würden sich beide Seiten wünschen: Schüler und Lehrer. Dazu gehörten auch Selbstverständlichkeiten wie Pünktlichkeit und das gegenseitige Grüßen. Die Polizeischüler beherrschten das nicht mehr von sich aus.
„Ganz ehrlich: Da fehlt mir der Servicegedanke“
Das Einstellungsverfahren, das über Internettests und mehrere Auswahlschritte läuft, nannte Josef Strobl „ungeeignet“. Nötig sei eine „völlige Neugestaltung“, die auch ein intensives, persönliches Auswahlgespräch berücksichtige. Das Verfahren müsse an zwei Tagen komprimiert und nicht so zerfasert werden wie bisher. „Ganz ehrlich: Da fehlt mir der Servicegedanke. Das sind doch die Leute, die Sie für Ihre Arbeit gewinnen wollen.“ Auch seien frühe und verteilte Praktika statt eines späten praktischen Ausbildungsblocks ungünstig.
Als Folge der Vorwürfe und Debatten um die Akademie seit Herbst vergangenen Jahres war der bisherige Leiter, Jochen Sindberg, im Februar seinen Job losgeworden. Einzelne Abgeordnete wie Tom Schreiber (SPD) und Benedikt Lux (Grüne) hatten bereits vor zwei Jahren Reformen der Polizeiakademie gefordert.
Polizeiakademie: Unterrichtsausfall und miese Unterbringung
Die Polizei-Ausbildung muss reformiert werden - schon wieder