Ein Tandem-Korso für die Freundschaft – Imame und Rabbiner wollen zeigen: die Vorurteile stimmen nicht.
Tandem zu fahren ist eine Herausforderung. Meryem Öztürk und Esther Hirsch, eine Muslima und eine Jüdin, legen die ersten Meter des Tandem-Korsos in wackligen Schlangenlinien zurück. Es braucht Übung und Vertrauen, bis die zwei Frauen es schaffen, das Fahrrad mit den zwei Lenkern sicher zu manövrieren.
„Das Tandem ist eine schöne Metapher für den Umgang mit Vorurteilen“, sagt Susanne Kappe, Projektleiterin der „Meet to Respect“-Fahrraddemo des Vereins „Leadership Berlin – Netzwerk Verantwortung.“
Rund 50 Imame und Rabbiner, Juden und Muslime nahmen gestern auf Tandems daran teil. Begleitet von knapp 100 klingelnden Einzelradfahrern, darunter auch Christen und Atheisten, fuhr die Gruppe vom Holocaust-Mahnmal durch Mitte zum Bebelplatz, dem Ort der Bücherverbrennung 1933. Gemeinsam wollten sie ein Zeichen gegen Hass, Gewalt und Mobbing setzen, gegen Vorurteile über Juden und Muslime.
„Wir verstecken unsere Kippot oder Hüte nicht, sondern tragen sie offen. Wir werden dafür oft angestarrt. Man hat das Gefühl, dieser Anblick gehört noch immer nicht zum Berliner Stadtbild“, sagt Rabbiner Daniel Fabian. Er wolle Präsenz zeigen, damit Berlin noch bunter werde.
Mohamed Al-Thawr war gekommen, weil er sich für die Gemeinsamkeiten zwischen Religionen interessiert. „Wir suchen oft das, was uns als Religionen voneinander trennt. Dabei können wir die Tora, die Bibel und den Koran ergänzend lesen.“ Der Kontakt mit gläubigen Juden und Christen sei für ihn wie eine Heimkehr.
„Es ist wichtig, achtzugeben. Nicht nur auf sich selbst“
Eine der Atheistinnen in der Gruppe war Marita Waibel. Sie war mit Rad aus Schönefeld gekommen, um zu zeigen: „Auch wenn ich nicht gläubig bin, mich betrifft der Hass ebenso. Deswegen finde ich es wichtig, Acht aufeinander zu geben.“
Trotz Wind und Regen war die Stimmung am Sonntag ausgelassen – wie unter Freunden. Der Korso, geschützt von Polizeifahrzeugen, fuhr entspannt und ohne Probleme ins Ziel.