Berlin. Es ist bekannt, dass es an einigen Berliner Bahnhöfen insbesondere an Wochenenden immer wieder zu Gewalttaten kommt. Die Bundespolizei hat deshalb durchgegriffen und per sogenannter Allgemeinverfügung das „Mitführverbot von gefährlichen Werkzeugen im Bahnverkehr“ erlassen, das seit Freitagabend auf bestimmten Bahnhöfen gilt. Demnach sind Gegenstände verboten, die vom Waffenrecht nicht erfasst werden und ansonsten erlaubt sind – wie kleine Klappmesser, Stöcke, Baseballschläger und auch Werkzeuge wie Hämmer und Schraubendreher.
In der ersten Einsatznacht von Freitag zu Sonnabend kontrollierte ein Großaufgebot von 218 Beamten auf der Stadtbahnstrecke zwischen Lichtenberg und Alexanderplatz an sieben Bahnhöfen und den Zügen dazwischen, ob das Verbot eingehalten wird.
Nur vier Gegenstände fallen unter das neue Verbot
Die Ausbeute der Kontrollen, die von 20 Uhr bis 6 Uhr morgens dauerten, ist mager: Bei den insgesamt 427 kontrollierten Personen stellten die Polizisten 51 Straftaten fest – nur vier Verstöße fielen unter das neue Verbot. Darunter Pfefferspray, Klappmesser und Schraubenzieher. „Die Zahl ist aber deutlich höher, da wir auch Gegenstände fanden, die nach dem Waffengesetz ohnehin verboten sind“, sagte eine Polizeisprecherin. Dazu gehören ein Teleskopschlagstock und Schlagringe. Insgesamt fünf Mal wurde gegen das generelle Waffenverbot verstoßen. Laut Polizei haben vier Personen bei den Kontrollen Widerstand geleistet. Ob sich die Maßnahme gelohnt hat? „Uns geht es vor allem darum, die schweren Gewalttaten zu verringern, die mit Werkzeug dieser Art begangen werden“, so die Sprecherin.
Dass nur so wenig gefunden wurde, könne daher auch als Erfolg gewertet werden. Dadurch, dass die Kontrollen vorab angekündigt wurden, seien möglicherweise Straftaten durch Abschreckung verhindert worden.
Auf der Suche nach gefährlichen Gegenständen wurde die Polizei auch auf andere Straftaten aufmerksam: 37 Personen waren mit verbotenen Betäubungsmitteln unterwegs, außerdem wurde eine Körperverletzung festgestellt. Darüber hinaus vollstreckten die Beamten sieben Haftbefehle gegen zur Fahndung ausgeschriebene Personen. Sie fanden auch vier als vermisst gemeldete Kinder, die ihren Eltern und Betreuern zurückgebracht wurden. Ob darunter auch der seit dem 16. Juni vermisste Laurin (16) ist, konnte die Polizei zunächst nicht sagen. In der Nacht zu Sonntag wird die Bundespolizei ihre Kontrollen auf der Strecke wiederholen.
Deutliche Zunahme von Gewalttaten im öffentlichen Nahverkehr
Mit ihrer Maßnahme reagiert die Bundespolizei auf eine deutliche Zunahme gewalttätiger Auseinandersetzungen im öffentlichen Nahverkehr, bei denen immer öfter Messer benutzt werden – und Opfer dadurch zum Teil schwer verletzt werden. Der jüngste Zwischenfall liegt erst knapp eine Woche zurück. Dabei wurden zwei junge mexikanische Touristen in einem S-Bahnzug auf der Ringbahn von einem bislang unbekannten Täter niedergestochen.
Als die Polizei angekündigt hatte, auch Gegenstände wie Werkzeuge und Pfefferspray abzunehmen, war Kritik an ihrem Vorhaben laut geworden. Ein Polizeisprecher sagte dazu am Freitag, dass weder einer Frau ihr Pfefferspray noch einem Handwerker auf dem Heimweg sein Werkzeug abgenommen werde. Hauptsächlich würden die Beamten „junges Party-Publikum“ im Blick haben. Es waren in der Vergangenheit vor allem Vertreter dieser Altersgruppe, die in gewalttätige Auseinandersetzungen in Bahnen und auf Bahnhöfen verwickelt waren. Den Abschnitt zwischen Lichtenberg und Alexanderplatz hat die Bundespolizei für ihre Kontrollmaßnahme ausgesucht, weil an der Strecke zahlreiche Knotenpunkte mit entsprechend hohem Publikumsaufkommen und Partymeilen liegen.
Die sogenannte Ordnungsverfügung bietet der Polizei mehr Möglichkeiten als sonst. Sie kann jeden Menschen ohne konkreten Verdacht kontrollieren und durchsuchen. Ähnlich war die Hamburger Polizei im Mai im dortigen Hauptbahnhof vorgegangen.
Mann sticht 17-Jährigen mit Messer in den Rücken
Stich in den Hals - 16-Jähriger lebensgefährlich verletzt
Bundespolizei verhängt Waffenverbot auf S-Bahn-Strecke
Messerverbot: Der Teufel steckt im Detail