Berlin

Polizei will groß herauskommen

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A. Dinger und A. Gandzior

Seit 2013 wurden mehr als 400 Frauen und Männer wegen ihrer Größe abgelehnt. Jetzt wird die Regelung geprüft

Die Regelung einer Mindestgröße für Polizeianwärter könnte bald fallen. Wie die Berliner Morgenpost aus Senatskreisen erfuhr, wird sie als nicht mehr zeitgemäß erachtet. Derzeit wird geprüft, ob die bisherige Praxis, zu kleine Bewerber generell auszuschließen, flexibler ausgelegt werden kann.

Allein seit 2013 wurden bei der Berliner Polizei mehr als 400 Bewerberinnen und Bewerber abgelehnt, weil sie nicht den Mindestgrößen entsprachen. Die Zahlen hat die Innenverwaltung auf eine kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Tom Schreiber hin veröffentlicht. Anfang April dieses Jahres hatte der Fall der Polizeibewerberin Celina Knop für Schlagzeilen gesorgt. Die 20-Jährige war wegen ihrer Körpergröße von 1,54 Metern abgelehnt worden. In Brandenburg hatte sie alle Einstellungsprüfungen bestanden und war daraufhin genommen worden.

Das hatte bei vielen für Unverständnis gesorgt, weil die Berliner Polizei dringend neue Kräfte braucht, aber es immer schwieriger hat, geeignete Bewerber zu finden. Zudem sehen Experten keinen Grund, warum jemand, der zu klein für die robuste Einsatzhundertschaft wäre, nicht ein hervorragender Kommissar werden kann. „Wir müssen uns bei den Einstellungskriterien endlich von den 70er- und 80er-Jahren verabschieden“, sagte Tom Schreiber dieser Zeitung. „Das Land Berlin beschränkt sich selber massiv. Bewerber sollten vor allem nach Fähigkeiten ausgesucht werden“, so Schreiber.

Bei der Berliner Polizei gibt es für Bewerberinnen eine vorgeschriebene Größe von 1,60 Meter, für männliche Bewerber liegt das Mindestmaß bei 1,65 Meter. Das Land Brandenburg hatte diese körperlichen Voraussetzungen Ende vergangenen Jahres gekippt. Seitdem gibt es in Berlin eine Diskussion um die Mindestgröße.

In der Innenverwaltung hat man dieses Problem offenbar erkannt. „Der Senat prüft derzeit, ob die Mindestgrößen entweder anhand der Anforderungen des Amts vereinheitlicht oder ob sie abgeschafft und zum Beispiel durch veränderte Anforderungen in Sporttest ersetzt werden sollen“, schreibt Staatssekretärin Sabine Smentek.

Polizeianwärterin Celina Knop hatte sich schon vor etwa einem Jahr um die Einstellung in den gehobenen Dienst der Kriminalpolizei beworben. Doch sie wurde in Berlin nicht einmal zu den Einstellungstests eingeladen. Der Polizeipräsident lehnte ihre Bewerbung wegen ihrer Größe ab. Wie die Berliner Morgenpost im August des vergangenen Jahres berichtete, klagte sie dann vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Aber das Gericht wies ihre Klage zurück. Es urteilte, der Arbeitgeber lege zu Recht bestimmte Eignungskriterien fest, die sich an typischen Aufgaben der Bewerber orientieren würden.

Der Brandenburger Polizei war das egal. Im April war die Ernennungsfeier für das dreijährige Studium an der Fachhochschule für den gehobenen Polizeidienst. „Ich bin glücklich, dass ich in Brandenburg die Chance hatte und zum Einstellungstest eingeladen worden bin“, sagt Celina Knop. „Trotz meiner Größe habe ich den Test bestanden und mache jetzt meine Ausbildung.“ Stimmen aus der Berliner Landespolitik sagen, dass ihr Fall dazu beigetragen habe, dass der Senat jetzt prüfen lasse, die Mindestgrößen abzuschaffen. „Ich freue mich für jede Bewerberin und jeden Bewerber, wenn eine Mindestgröße ihnen nicht mehr den Weg zum Traumberuf bei der Polizei verbaut“, sagt Knop.

Berlin ist nicht das einzige Bundesland, das restriktiv bei Mindestgrößen für Polizisten ist. Die neue Einheitsmindestgröße von 1,63 Meter für Polizisten in Nordrhein-Westfalen ist laut Gerichtsurteil vom Dienstag dieser Woche zulässig. Die Landesregierung hatte die Größe für Männer und Frauen festgelegt. Dies sei „sachgerecht und sehr nachvollziehbar“, entschied das Verwaltungsgericht bei der Urteilsbegründung. Geklagt hatte auch dort eine angeblich zu kleine Bewerberin. Sie hatte angegeben, sehr sportlich zu sein und Einstellungsverfahren bei der Bundespolizei sowie der Polizei in Niedersachsen und Hessen bestanden zu haben.