Politiker schockiert

Antisemitische Attacke löst große Empörung aus

| Lesedauer: 6 Minuten
Wie es zu dem antisemitischen Angriff in Prenzlauer Berg kam

Antisemitismus in Berlin - Wie es zum Angriff kam

Der Angreifer schlug mit einem Gürtel auf einen Kippa tragenden Israeli ein. Das Opfer filmte - und erzählt im Video, was passierte.

Beschreibung anzeigen

Nach der Attacke auf einen jüdischen Mann verurteilen Politiker den Angriff. "Antisemitismus gehört nicht zu Berlin", sagte Müller.

Berlin. Nach dem Angriff gegen zwei junge Juden in Berlin haben viele Politiker die Tat verurteilt. „Antisemitismus gehört nicht zum Berlin, in dem wir leben wollen“, teilte Regierungschef Michael Müller (SPD) am Mittwoch mit. Er sei dankbar, dass jüdisches Leben in der Stadt wieder sichtbar sei.

„Berlin ist die Stadt der Freiheit“, erklärte Müller. „Für diese streiten wir tagtäglich, indem wir uns klar positionieren, aufklären und uns Antisemitismus, Rassismus und Hass aktiv entgegenstellen.“ Zwei junge Juden waren zuvor laut Polizei angegriffen und antisemitisch beleidigt worden. Einer der Täter, ein arabisch sprechender Mann, schlug laut Ermittlern mit einem Gürtel auf eines der Opfer ein.

Heiko Maas: "Schützend vor jüdisches Leben stellen"

Außenminister Heiko Maas verurteilte den antisemitischen Angriff in Berlin scharf. „Wenn junge Männer bei uns attackiert werden, nur weil sie eine Kippa tragen, ist das unerträglich“, sagte der SPD-Politiker dieser Redaktion. „Juden dürfen sich bei uns nie wieder bedroht fühlen. Wir tragen Verantwortung dafür, uns schützend vor jüdisches Leben zu stellen.“

Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley verurtielte den Vorfall. „Es ist unerträglich, wenn Juden in Deutschland auf offener Straße, mitten in Berlin, angegriffen werden. Das ist eine Schande für unser Land“, sagte die SPD-Politikerin dieser Redaktion. „Die Täter müssen unmittelbar zur Rechenschaft gezogen werden.“ Barley rief zum Kampf gegen Antisemitismus auf. „Juden dürfen nie wieder Angst haben, wenn sie sich in Deutschland als Juden zu erkennen geben. Antisemitismus darf bei uns nie wieder einen Platz haben“, sagte sie. „Wir müssen alles tun, um jüdisches Leben in Deutschland zu schützen."

Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD), die palästinensische Wurzeln hat, twitterte: „Ich bin erschüttert und erschrocken und schäme mich für diesen Mann, der meine Sprache spricht.“

Behrendt: Antisemitismus darf nicht hingenommen werden

„Antisemitismus darf in dieser Stadt nicht hingenommen werden“, forderte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne). Der Fall zeige einmal mehr, wie wichtig Arbeit gegen Antisemitismus sei. Die Recherche- und Informationsstelle gegen Antisemitismus (RIAS) habe 2017 in Berlin 947 antisemitische Vorfälle erfasst, deutlich mehr als 2016.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) teilte zu der Attacke mit: "Beschämend und nicht hinzunehmen. Nichts rechtfertigt Gewalt. In keinem Namen. Wir dulden keinen Antisemitismus. Die Menschen sollen in Berlin sicher leben, unabhängig von Glauben und Weltanschauung." Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD), die palästinensische Wurzeln hat, twitterte: „Ich bin erschüttert und erschrocken und schäme mich für diesen Mann, der meine Sprache spricht.“

Der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, forderte harte Strafen: „Dieser Vorfall hat mich zutiefst schockiert. Die Bilder sind für unsere Stadt Berlin unerträglich und beschämend. Antisemitismus jeglicher Art muss hart bestraft werden.“

Cornelia Seibeld, integrationspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, erklärte: „Ein junger Mann wurde wegen seiner Kippa mit einem Gürtel geschlagen. An Schulen werden Kinder jüdischen Glaubens gemobbt. Jüdische Berliner fühlen sich bei uns nicht mehr sicher. Der Senat sollte sich schämen.“ Sie forderte Rot-Rot-Grün auf, „endlich repressiv wie präventiv entschlossen tätig“ zu werden.

KMK-Vorsitzender Holter: Mehr Kenntnisse über das Judentum vermitteln

Die CDU-Abgeordnete Cornelia Seibeld warf dem Senat vor, zu wenig gegen „die steigende Zahl der antisemitischen Vorfälle“ zu tun. Es gebe Angriffe und Mobbing an Schulen. „Jüdische Berliner fühlen sich bei uns nicht mehr sicher.“ Der Senat sollte sich schämen und „endlich repressiv wie präventiv entschlossen tätig werden“. Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe kritisierte: „Wir erleben inzwischen täglich in Berlin die Folgen der Toleranz des Senats gegenüber Intoleranten. Nach wie vor werden salafistische Vereinsräume nicht geschlossen und so täglich junge Menschen zum Hass aufgestachelt. Der Senat muss endlich handeln.“

Angesichts jüngster antisemitischer Übergriffe an Schulen rief der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK), Helmut Holter, dazu auf, mehr Kenntnisse über das Judentum zu vermitteln. Am heutigen Mittwoch trifft sich die Kultusministerkonferenz mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland, um über Übergriffe gegen Juden an Schulen zu sprechen.

Zentralrat der Juden zeigt sich erschüttert

Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, sieht angesichts Vorfalls vor allen in Städten ein „Bedrohungspotenzial“ für Juden. „Offensichtlich ist es zunehmend problematisch, sich im - ich habe eher das Gefühl großstädtischem Bereich - offen als Jude erkennen zu geben“, sagte Schuster am Mittwoch in Berlin.

Schuster merkte an, dass sich dieser Vorfall in einem gutbürgerlichen Szeneviertel ereignete - und nicht etwa in einem muslimisch geprägten Stadtteil. „Hier ist erneut eine rote Linie weit überschritten worden“, so Schuster weiter. Man könne aber nun nicht schließen, dass für Juden in Deutschland Gefahr für Leib und Leben bestehe.

Wichtig sei es jetzt, den Täter zu fassen und herauszufinden, was ihn antisemitisch geprägt habe - und nicht nur einfach zu schauen, ob er „eventuell muslimisch oder nicht-muslimisch“ sei. Schuster betonte: „Kein Mensch wird als Antisemit geboren.“

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin reagierte entsetzt auf die Attacke. Gemeinderabbiner Yehuda Teichtal forderte, die Politik müsse klarer Position gegen Antisemitismus beziehen. „Man kann Antisemitismus nicht ignorieren. Dann wird es schlimmer“, sagte er. Er fordert die Bildungsverwaltung auf, mehr für Prävention an Schulen zu tun. Außerdem müssten antisemitische Straftäter härter bestraft werden.

Mehr zum Thema:

Video zeigt Angriff auf Juden in Prenzlauer Berg

Antisemitismus an Schulen: „Wir brauchen mündige Schüler“

Wenn „Du Jude“ zum Schimpfwort in Berliner Schulen wird

Deutscher beleidigt Gastronom antisemitisch

( BM/dpa )