Aktenmanipulation

Fall Amri: Polizei ermittelt intern gegen LKA-Beamte

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Polizisten stehen vor dem zerstörten LKW am 20.12.2016 am Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin (Archiv)

Polizisten stehen vor dem zerstörten LKW am 20.12.2016 am Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin (Archiv)

Foto: Michael Kappeler / dpa

Während der strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ruhte das Disziplinarverfahren. Nun wird es womöglich neu gestartet.

Berlin. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt – doch nun müssen die mit dem Fall des Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri betrauten Beamten des Landeskriminalamtes (LKA) möglicherweise Sanktionen ihrer eigenen Behörde fürchten. Denn die Polizei hatte gegen beide ein Disziplinarverfahren eingeleitet, nachdem bekannt worden war, dass sie möglicherweise einen Bericht über Amris Drogengeschäfte manipuliert hatten.

Durch das Herunterstufen von Amri zum Kleindealer wollten sie die Bedeutung der schlampig geführten Ermittlungen herunterspielen, so der Verdacht. „Ob die Disziplinarverfahren eingestellt werden, wird nach Auswertung der Strafakten entschieden“, teilte nun die Polizei mit.

Sorgen muss sich möglicherweise vor allem der damals hauptverantwortliche Ermittlungsführer für den Fall Amri, Kriminaloberkommissar L., machen. Denn die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen ihn wegen des Vorwurfs der Strafvereitelung im Amt und der Urkundenfälschung zwar eingestellt. Juristisch ist der Fall damit bis auf Weiteres abgeschlossen. Die Staatsanwälte machten aber deutlich, dass die Ermittlungen wegen Amris Drogengeschäften „nicht zeit- und sachgerecht“ geführt wurden. Sie spekulierten zudem öffentlich darüber, dass L. durch das nachträgliche „Herunterschreiben“ von Amris Drogengeschäften die Nachlässigkeiten möglicherweise kaschieren wollte.

TV-Doku zeigt Chronik des Versagens im Fall Anis Amri
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Möglicherweise neues Disziplinarverfahren

Während der strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ruhte das Disziplinarverfahren. Nun wird es womöglich neu gestartet. In einer damals von LKA-Leiter Christian Steiof unterzeichneten Mitteilung heißt es, es lägen „hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht rechtfertigen, dass Sie sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht haben“. Genannt werden „die Veränderung, Verfälschung und Rückdatierung einer Strafanzeige und eines Berichts“.

Die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Behördenhandelns im Fall Amri hoffen derweil darauf, die LKA-Beamten nach der Einstellung der Ermittlungen als Zeugen vernehmen zu können. „Wir haben daran großes Interesse“, sagte der Ausschussvorsitzende Burkard Dregger (CDU). Während eines laufenden Disziplinarverfahrens sei eine Vernehmung aber wenig sinnvoll. „Wir sind an einer Vernehmung sehr interessiert, und es wird Zeit, dass die Basis zu Wort kommt“, sagte auch der Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux. Es gebe aber keinen Grund zur Eile.

Die Vernehmungen könnten nach der Sommerpause erfolgen. Möglicherweise werden sie aber wenig aufschlussreich sein. Denn auch nach der Verfahrenseinstellung könnten die Polizisten die Aussage verweigern, weil sie sich damit möglicherweise selbst belasten müssten. Denkbar ist sogar, dass sie nicht einmal erscheinen müssten.

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