Berlin. Burak Bektas wäre jetzt 28 Jahre alt. Hätte er geheiratet? Hätte er jetzt Kinder? Seine Eltern und Freunde mögen in diesen Tagen wieder einmal über diese Fragen nachgedacht haben. Auch wenn es nichts ändert. Denn Burak Bektas ist tot. Er wurde ermordet. Am 5. April 2012. Auf offener Straße, mitten in Neukölln. Warum? Von wem? Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft brachten bis zum heutigen Tag kein Ergebnis.
Die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektas“ wird anlässlich des sechsten Todestages am Sonntag an der Rudower Straße, Ecke Möwenweg ein etwa zwei Meter großes Bronze-Mahnmal enthüllen. Dort, wo Bektas erschossen wurde. Von einem Mörder, der nicht ermittelt wurde. Die verstorbene Künstlerin Zeynep Delibalta gab der Skulptur den Namen „Algorithmus für Burak und ähnliche Fälle“. Ein Algorithmus, so der Wikipedia-Eintrag, ist eine „Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems“. Eine solche Handlungsvorschrift haben die Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) nicht gefunden. Sie wissen, dass Burak Bektas bei seinem Tod mit vier Freunden zusammenstand, die auch aus Einwandererfamilien stammten. Sie wissen, dass die Person, die auf die Gruppe schoss, als ein Mann mit heller Gesichtsfarbe beschrieben wurde. Viel mehr wissen sie nicht.
Die Initiative verdächtigt Rolf Z.
Die Familie von Burak Bektas und die Mitglieder der Initiative zur Aufklärung des Mordes glauben an einen rassistischen Hintergrund der Tat – Vorbild „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Dem LKA werfen sie vor, nicht intensiv und sorgfältig genug ermittelt zu haben. Die Initiative hat sogar einen handfesten Verdacht, wer der Täter sein könnte: Rolf Z. Der einstige arbeitslose Betonbauer sitzt in Haft, weil er rund dreieinhalb Jahre nach der Ermordung von Burak Bektas den Juristen Luke Holland erschoss.
Die Mordtaten zeigen Parallelen. Auch Holland wurde in Neukölln erschossen. Auch er war – wie wohl auch Burak Bektas – ein willkürlich ausgewähltes Opfer, das aus einem rassistischen Motiv erschossen wurde. Auch Holland traf die Kugel aus nächster Nähe, ohne dass es zuvor einen Streit gegeben hätte. Bemerkenswert ist zudem, dass ein Zeuge bereits vor der Ermordung Hollands berichtete, er habe Rolf Z. im Auto einmal mit zum Tatort des Bektas-Mord genommen – und er wisse, dass Holland eine Waffe besitze.
Ein Revolver liefert neue Anhaltspunkte
Die Polizei verfolgte den Hinweis auf Z. damals nicht weiter. Nun erhält der Verdacht neue Nahrung. Der RBB berichtet, dass Bektas und Holland zwar mit unterschiedlichen Waffen erschossen wurden. Die Polizei habe bei Z. aber einen Revolver gefunden, mit dem man die in Buraks Fall verwendete Munition habe verschießen können. Die Zusammensetzung von Rückständen auf der Trommel des Revolvers ähnele den Schmauchspuren an der Kleidung der schwer verletzten Freunde von Burak Bektas. Ein Gutachter habe im Auftrag des LKA befunden, dass die Spuren von diesen Schüssen stammen könnten. Die Staatsanwaltschaft weist die Kritik, schlampig ermittelt zu haben, zurück. Man habe gründlich gearbeitet.