Die Zahl der Verkehrstoten in Berlin ist auf einem Rekordtiefstand. Insgesamt kam es 2017 allerdings zu etwas mehr Unfällen (plus 1,6 Prozent auf 143.424) mit etwas mehr Verunglückten (plus 0,12 Prozent auf 17.415). Darunter sind auch mehr Schwerverletzte (2317) und mehr verunglückte Kinder (742). Die häufigsten Unfallursachen sind Abbiegefehler, Nichtbeachten der Vorfahrt und zu hohes Tempo. Das sind die Kernaussagen der Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2017, die an diesem Freitag von Polizeipräsident Michael Krömer und Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) vorgestellt wurde.
Günther kündigte an, dass mit dem Umbau gefährlicher Kreuzungen und dem Bau von zusätzlichen Fußgängerüberwegen der Verkehr sicherer gemacht werden soll. Berlin weise zwar im bundesweiten Vergleich 2017 die wenigsten Verkehrstoten im Verhältnis zur Einwohnerzahl auf – doch jeder Tote und jeder Schwerverletzte sei einer zu viel. „Unser Ziel ist es, die Zahl der im Verkehr schwer Verletzten oder Getöteten auf ein Minimum zu reduzieren“, so Günther weiter.
Berlin bereitet Initiative im Bundesrat vor
In diesem Jahr sollen demnach zehn Kreuzungen verkehrssicher umgebaut werden. Neun stehen fest, eine weitere wird noch benannt. 2019 sollen 20 Kreuzungen und im darauffolgenden Jahr 30 Kreuzungen neugestaltet werden. Welche Kreuzungen umgebaut werden müssen, wurde statistisch ermittelt. Umgebaut werden sollen die Kreuzungen, an denen es innerhalb von drei Jahren mindestens fünf Unfälle mit leichtem Personenschaden gab oder mindestens fünf Unfälle gleichen Unfalltyps innerhalb eines Jahres.
Verkehrssenatorin Günther kündigte außerdem an, dass Berlin eine Bundesratsinitiative für mehr Verkehrssicherheit auf den Weg bringen werde. Es soll eine bundesweite Kampagne für die Einhaltung von Verkehrsregeln entwickelt werden. Zudem sollen Abbiegeassistenzsysteme für Lkw verpflichtend eingeführt werden. Als dritter Punkt der Initiative will Berlin erreichen, dass Verstöße gegen Verkehrsregeln schärfer geahndet werden. Günther sagte, dass das Papier bis zum Sommer vorliegen soll.
Bei der Vorbeugung liegt künftig ein weiteres Augenmerk auf Unfällen, bei denen Radfahrer mit plötzlich geöffneten Autotüren kollidieren, weil sie in der Situation nicht mehr ausweichen oder bremsen können. Bei den sogenannten Dooring-Unfällen starben 2017 zwei Radfahrer in Berlin, in diesem Jahr gab es einen Toten. Unter Autofahrern soll daher der holländische Griff bekannter werden: Dabei wird die Tür mit rechts statt mit links geöffnet – so macht man automatisch den Schulterblick, weil sich der Oberkörper dreht. Eine Kampagne soll in den kommenden Wochen beginnen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte eine zunehmende Rücksichtslosigkeit im Verkehr: „Immer mehr Leute schauen nur auf den eigenen Vorteil, riskieren mit ihrem Fahrverhalten für ein paar Sekunden Zeitersparnis schwere Verletzungen und einen tödlichen Ausgang.“ Diese Tendenz spiegele sich in 33.150 Unfallfluchten wider – „der höchste Stand seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten“.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Harald Moritz, sagte: „Für mehr Verkehrssicherheit in unserer Stadt müssen wir noch mehr infrastrukturelle Veränderungen vornehmen, wie zum Beispiel den Bau einer sicheren Radinfrastruktur und den Umbau von Kreuzungen sowie mehr Verkehrskontrollen durchführen.“ Innenstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) kündigte an, dass zehn neue stationäre Blitzer aufgestellt werden sollen. Zudem soll in den Tunneln am Flughafen Tegel und am Tiergarten-Tunnel zusätzliche Überwachungstechnik angebracht werden. In Planung seien auch „semistationäre“ Blitzeranlagen. Diese könnten wie stationäre Blitzer ohne Personal betrieben, aber wie mobile Geräte an unterschiedlichen Orten eingesetzt werden.
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