Berlin . Weniger Plastikflaschen dank kostenlosem Wasser: Die Wasserbetriebe bauen für eine Million Euro rund 100 neue Trinkbrunnen in Berlin.
Auch wenn man sich in Berlin dank Spätis zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Getränken versorgen kann – umsonst ist die Erfrischung nicht. Anders ist das bei den rund 50 Trinkbrunnen in der Stadt. Und die sollen Verstärkung bekommen. In den kommenden Wochen will der Senat beschließen, etliche neue Brunnen in der gesamten Stadt zu bauen.
Geplant ist ein „Brunnenprogramm“ mit dem Ziel, „die Zahl der Trinkwasserbrunnen schneller zu erhöhen“. „Berlin wird immer heißer im Sommer. Gerade für Kinder und Ältere ist es deshalb wichtig, überall Wasser kostenlos trinken zu können“, sagt Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel. Geplant sind Trinkbrunnen im Straßenland, aber auch in den Foyers von Schulen, Verwaltungen oder Bürgerämtern.
Müllberge in den Parks sollen kleiner werden
Konkret haben die Koalitionsfraktionen den Senat aufgefordert, sich an der Initiative „Blue Community“ zu beteiligen. Das Projekt, dem sich Städte, und Organisationen weltweit angeschlossen haben, hat unter anderem zum Ziel, den Konsum von Wasser aus Plastikflaschen zu reduzieren. „Mit mehr kostenlosem Wasser aus öffentlichen Brunnen spart Berlin auch Plastik. Die Müllberge in unsere Parks werden kleiner“, sagt Gebel.
Für die Umsetzung des Projekts steht für die nächsten beiden Jahre eine Million Euro bereit. Da der Bau eines Brunnens zwischen 7000 und 15.000 Euro kostet, sind also rund 100 Exemplare möglich. Wegen der abweichenden Kosten für jeden einzelnen Brunnen wird aber keine offizielle Zahl genannt. Für den Bau verantwortlich sind die Berliner Wasserbetriebe. Zunächst gilt es, mit den Bezirken die Standorte abzustimmen.
Sind alle Genehmigungen da, dauert der Bau eines Brunnens etwa eine Woche. Angeschlossen werden sie an die Wasserleitungen unter der Erde beziehungsweise des Gebäudes. Aufwändiger ist es, Brunnen dort zu installieren, wo es keine Wasserleitung gibt, etwa im Tiergarten. Dann müssen die entsprechenden Leitungen erst verlegt werden. Zudem suchen die Wasserbetriebe aktuell nach einem neuen Modell, an dem sich Flaschen – anders als an den bisherigen beiden – leichter auffüllen lassen.
weitere Videos
Als Teil der „Blue Community“ will Berlin allerdings nicht nur Brunnen bauen, es geht auch um Grundsätzliches. So soll sich der Senat verpflichten, Wasser als Menschenrecht anzuerkennen, den Erhalt von Wasser als öffentliches Gut zu fördern und dafür zu sorgen, dass Wasserdienstleistungen in öffentlicher Hand bleiben und nicht privatisiert werden. Überdies soll er auch Bildungsarbeit im Bereich Wasser, insbesondere Leitungswasser leisten
Auf die „Blue Community“ aufmerksam gemacht wurde die Politik von dem Verein „A Tip: Tap“, der sich gegen Plastik und für den Konsum von Leitungswasser einsetzt. „Dass wir diesen Hinweis aus der Bevölkerung jetzt schnell umsetzen können, ist ein schönes Zeichen“, sagt der SPD-Umweltexperte Daniel Buchholz. Die Wasserbetriebe weisen allerdings darauf hin, dass sie auch ein Entgegenkommen der Bezirke benötigen. Geplant ist, gemeinsam den Ablauf der Beantragung und Genehmigung von Brunnenbauten zu beschleunigen.
Einzig die FDP hatte im Umweltausschuss gegen den „Blue Community“-Antrag gestimmt. Dass Berlin sich der Möglichkeit verschließe, die Wasserversorgung in private Hand zu geben, sei mit dem marktwirtschaftlichen Verständnis der Partei nicht vereinbar, sagt der umweltpolitische Sprecher, Henner Schmidt. 2011 hatten die Berliner per Volksentscheid für die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge der Wasserbetriebe gestimmt, in der Folge wurde das Wasser rekommunalisiert. Der Bau von Brunnen sei aber begrüßenswert, so Schmidt.
Das am häufigsten konsumierte Getränk
Das Angebot dürfte in der Bevölkerung positiv ankommen, Berlins Leitungswasser genießt einen guten Ruf. Laut einer Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr ist es das am häufigsten konsumierte Getränk, 56 Prozent der Bewohner zapfen täglich aus dem Hahn. Dahinter folgt Kaffee (55 Prozent), der in der Regel auf Leitungswasser-Basis gebrüht wird, und Wasser aus Flaschen (52 Prozent).
Rund die Hälfte der Berliner trinkt täglich zwischen 0,5 und 1,5 Liter Leitungswasser. „Das Berliner Trinkwasser gilt als sehr gesund, da es ausschließlich aus dem Grundwasser gewonnen wird“, sagt Mediziner Michael Boschmann von der Charité. Es zu trinken sei auch ökologisch, da es vor Ort gewonnen und nicht Hunderte Kilometer durch das Land oder Europa transportiert werde.
Öffentliche Trinkbrunnen und Wasserspender sind allerdings nicht die einzige Möglichkeit, in Berlin unterwegs an kostenloses Wasser zu kommen. Im Rahmen des Projekts „Refill Berlin“ kann man sich seit einiger Zeit in rund 200 Geschäften seine Wasserflasche auffüllen. Die Geschäfte sind mit einem blauen Aufkleber gekennzeichnet, mitmachen kann jeder.
weitere Videos
Wie aus einem Guss - neue Trinkbrunnen für Berlin
Gesundheitsamt sperrt Trinkwasser in Polizeiwache
Hahn oder Flasche: Wie gut ist Berliner Trinkwasser?Berliner dürfen Standorte für Trink-Brunnen online bestimmen