Insolvente Airline

Mehr als eine Million Gläubiger wollen Geld von Air Berlin

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Dominik Bath
Ein großes Modell eines Air Berlin-Flugzeuges und Sessel aus Flugzeugen warten auf ihre Versteigerung (Archiv)

Ein großes Modell eines Air Berlin-Flugzeuges und Sessel aus Flugzeugen warten auf ihre Versteigerung (Archiv)

Foto: Marcel Kusch / dpa

Im Kongresshotel Estrel findet Mittwoch die erste Versammlung nach der Insolvenz statt. Die Chancen auf eine Rückzahlungen sind gering.

Berlin.  Vor zwölf Wochen landete der letzte Air-Berlin-Flug in Tegel, doch für viele Gläubiger ist das Kapitel Air Berlin noch nicht beendet: Mehr als eine Million Betroffene hoffen auf Rückzahlungen aus der Insolvenzmasse. Im Berliner Kongresshotel Estrel wird Air-Berlin-Verwalter Lucas Flöther am heutigen Mittwoch darlegen, wie es in den Kassen der einst zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft aussieht.

Mehr als 1500 Menschen lauschen ab 10 Uhr den Worten des Juristen. So viele Anmeldungen lagen bis Dienstag vor, teilte ein Sprecher des Insolvenzverwalters mit. Allerdings: Theoretisch könnten noch mehr Gläubiger in die Convention Hall 2 des Estrel kommen. Eine Anmeldepflicht bestand nicht, so der Sprecher. Das Amtsgericht Charlottenburg, das die Versammlung organisiert, ist vorbereitet: Der Saal sei für insgesamt 4200 Personen bestuhlt worden, erklärte eine Sprecherin.

Air Berlin unter dem Hammer
Air Berlin unter dem Hammer

Über 500.000 Gläubiger erhielten Post von Air Berlin

Mindestens eine halbe Million Gläubiger hatten Ende des vergangenen Jahres Post vom Insolvenzverwalter bekommen. Darunter sind vor allem Kunden, deren Flüge nach der Air-Berlin-Insolvenz gestrichen wurden. Einige Adressen von Passagieren, die über Reisebüros gebucht hatten, lagen dem Verwalter nicht vor.

Die Chancen auf Rückzahlungen dürften gering sein: Flöther hatte bereits vor Wochen mitgeteilt, dass eine sogenannte Masseunzulänglichkeit drohe. Das bedeutet, dass die vorhandenen Vermögenswerte nicht ausreichen werden, um die über die Kosten des Insolvenzverfahrens hinausgehenden Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Zwar hatte der Verkauf von Air-Berlin-Teilen an Easyjet, Lufthansa und das Berliner Logistik-Unternehmen Zeitfracht Geld in die Kasse gespült, doch davon profitierte zunächst nur die Bundesregierung: Nach der Air-Berlin-Pleite hatte die staatliche Förderbank KfW einen 150 Millionen Euro schweren Überbrückungskredit zur Verfügung gestellt. Das sogenannte Massedarlehen muss jetzt vor den Forderungen aller anderen Gläubiger beglichen werden. Bislang ist allerdings nur ein Bruchteil der Summe zurückgeflossen: 61 Millionen Euro hatte Air Berlin im Januar an den Bund überwiesen.

Der Insolvenzverwalter sucht nach weiteren Geldquellen

Insolvenzverwalter Flöther hat unterdessen versucht, weitere Geldquellen zu erschließen: Bei einer Auktion kommt Inventar aus den früheren Air-Berlin-Fliegern unter den Hammer. Offen ist zudem, ob Geld vom früheren Air-Berlin-Großaktionär Etihad zu holen ist. Noch im April 2017 hatte Etihad schriftlich die Absicht bekundet, Air Berlin weitere 18 Monate zu unterstützen.

Anfang August stellte die Golf-Airline aber alle Zahlungen ein. Air Berlin rutschte deswegen in die Insolvenz. Flöther hatte im Dezember Wirtschaftsprüfer damit beauftragt, Beweise gegen Etihad zu sammeln. Danach könnten juristische Schritte gegen die Fluggesellschaft aus den Vereinigen Arabischen Emiraten folgen.

Berliner Anwalt will gegen Luftfahrtbundesamt klagen

Ein Berliner Rechtsanwalt will darauf aber nicht warten. Lothar Müller-Güldemeister plant, das Luftfahrtbundesamt zu verklagen. „Die Behörde hat ihre Amtspflichten verletzt und hätte spätestens einschreiten müssen, als ersichtlich war, dass Air Berlin auf Crashkurs ist“, sagte Müller-Güldemeister der Berliner Morgenpost. Das sei bereits Ende 2016 abzusehen gewesen. Schon damals plagten Air Berlin rund 782 Millionen Euro Schulden. In den ersten Monaten des Jahres 2017 kamen weitere 293 Millionen Euro dazu. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) habe damals dennoch tatenlos zugeschaut, wie Tausende Air-Berlin-Kunden weiter Ticketgebühren an das klamme Luftfahrtunternehmen überwiesen, kritisierte Müller-Güldemeister.

Nach Ansicht des Juristen hätte das Luftfahrtbundesamt die Airline verpflichten müssen, Zahlungen der Kunden durch eine Bankbürgschaft oder eine Versicherung abzusichern. Im Zweifel hätte der Betrieb schon früher geschlossen werden müssen. Müller-Güldemeister strebt jetzt eine Sammelklage an. Auf der Gläubigerversammlung am Mittwoch wird er zunächst für 200 Mandanten sprechen, die von Air Berlin rund 300.000 Euro für nicht stattgefundene Flüge zurückfordern.

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