Berlin. Atemwegserkrankungen, Asthma oder sogar Lungenkrebs: Der von Dieselmotoren verursachte Feinstaub ist anerkannt gesundheitsschädigend. Und so dürfen sich die Berliner freuen, dass neben all den anderen giftigen Stoffen in ihrer Luft zumindest vom Feinstaub nicht übermäßig viel vorhanden zu sein scheint. Wie Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) am Mittwoch mitteilte, blieb die Feinstaubbelastung im vergangenen Jahr unter dem erlaubten Grenzwert.
Seit 2005 darf gemäß EU-Richtlinie der Höchstwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter im Tagesmittel nur an höchstens 35 Tagen pro Jahr überschritten werden. Laut Günther waren es 2017 an allen Messpunkten maximal 28 Überschreitungstage. Seit 2008 gibt es in der Hauptstadt innerhalb des S-Bahn-Rings die Umweltzone Berlin, seit 2010 darf sie nur von Fahrzeugen mit einer grünen Feinstaubplakette befahren werden. Auch die bereits vor 20 Jahren gestartete Rußfilternachrüstung der BVG-Busse sowie anspruchsvolle Vorgaben für Baumaschinen an Baustellen der öffentlichen Hand würden offenbar Früchte tragen, so Günther.
Grenzwerte für Stickoxid werden deutlich überschritten
Die Senatorin ließ am Mittwoch allerdings nicht die Gelegenheit aus, auch auf die schlechten Nachrichten hinzuweisen: das Problem mit dem Stickoxid. Bei diesem ebenfalls überwiegend von Dieselfahrzeugen produzierten Abgas, das von Experten als noch schädlicher als der Feinstaub eingeschätzt wird, lagen die Belastung in verkehrsarmen Wohngegenden zwar unter dem erlaubten Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter.
An fast allen 29 Messstellen in verkehrsreichen Straßen sei er zum Teil aber sogar deutlich überschritten worden. Neueste Simulationsrechnungen für das 1600 Kilometer lange Hauptverkehrsstraßennetz zeigten zudem, dass das Stickoxid-Problem nicht nur auf die Bereiche rund um die Messstellen, sondern entlang etlicher Straßenabschnitte bestehe. Am stärksten betroffen sind demnach Leipziger, Potsdamer und Hauptstraße, Reinhardtstraße (Mitte), Wilhelmstraße, Brückenstraße sowie Tempelhofer und Mariendorfer Damm.
Wirklich überraschend kommen diese Werte nicht, dass Berlin wie die meisten anderen deutschen Großstädte ein Stickoxid-Problem hat, ist bekannt. Man werde im kommenden Jahr am Berliner Luftreinhalteplan arbeiten, um die Belastungen so schnell wie möglich zu senken, so Günther. Auch müsse die Autoindustrie vom Bund endlich gezwungen werden, schmutzige Dieselfahrzeuge nachzurüsten.
Doch Umweltschützern geht das nicht weit genug. Wie berichtet, hat die Deutsche Umwelthilfe Berlin wegen der Überschreitung der Grenzwerte angezeigt. Die Umwelthilfe rechnet mit einer Gerichtsverhandlungen noch in diesem Sommer – und einem Sieg. In der Folge wären Fahrverbote für Diesel nicht mehr auszuschließen.
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