Wohnungsmangel

Berlin baut nur halb so viele neue Wohnungen wie geplant

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Gudrun Mallwitz
In Berlin werden zu wenige neue Wohnungen gebaut (Archiv)

In Berlin werden zu wenige neue Wohnungen gebaut (Archiv)

Foto: Reto Klar

Der Senat erreicht seine Ziele beim Wohnungsbau nicht. Jetzt räumt auch Stadtentwicklungssenatorin Lompscher Probleme ein.

Berlin. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat erhebliche Probleme, die Sollzahlen für den Wohnungsbau in Berlin zu erreichen. Statt der geplanten 6000 landeseigenen Wohnungen in diesem Jahr werden lediglich rund 3000 Wohnungen fertig. Geschafft wurde also nur die Hälfte.

Das hat Auswirkungen auf die weitere Planung bis zum Jahr 2021. Der Berliner Morgenpost liegt ein internes Papier für den Senat vor, in dem die Senatorin einräumt, dass sich die für dieses und nächstes Jahr vorgesehenen Baubeginne und die Fertigstellungen von landeseigenen Wohnungen verzögern.

Experten glauben: Neubauprogramm kaum mehr zu stemmen

Die rot-rot-grüne Regierung strebt an, dass allein die zuständigen sechs Wohnungsbaugesellschaften bis 2021 mindestens 30.000 Wohnungen bauen sowie 10.000 Wohnungen dazukaufen – und sich damit bis 2021 der Bestand auf 360.000 landeseigene Wohnungen erhöht. Die Verzögerung hat nun zur Folge, dass sich die Wohnungsbauprojekte in den nächsten Jahren ballen werden.

Das Neubau­programm ist damit nach Expertenmeinung kaum mehr zu stemmen. Ausweislich der Unterlagen, die auf Daten des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) beruhen, können schon nach jetzigem Stand bis 2021 nur noch knapp 27.150 Wohnungen fertiggestellt werden – statt der angepeilten 30.000 in der ersten rot-rot-grünen Legislaturperiode. Je weiter sich die Vorhaben und Fertigstellungen nach hinten schieben, desto größer wird am Ende die Lücke, heißt es.

Meisten Wohnungen sollen in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Spandau entstehen

Die meisten landeseigenen Wohnungen, von denen die Hälfte mietpreisgebunden angeboten wird, sollen in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Spandau entstehen. In Lichtenberg werden bis zu 19-mal mehr neue Wohnungen geschaffen als in Charlottenburg-Wilmersdorf. Derzeit planen die landeseigenen Unternehmen 311 Bauvorhaben, die zum Teil über das Jahr 2021 hinausreichen.

Als Ursache für die Probleme beim Bau der landeseigenen Wohnungen nennt Senatorin Lompscher Verzögerungen bei Ausschreibungsverfahren und bei der Grundstücksbeschaffung sowie geänderte Gesetze wie beim Artenschutz. Sie führt auch die mangelnde Personalausstattung der Bezirke an, die sich auf die Bearbeitungszeiten auswirke. Außerdem erschwerten Klagen von Bürgern die schnelle Umsetzung.

Wohnungsbaugesellschaften beklagen mangelnde Unterstützung

In einem Brandbrief hatten die Wohnungsbaugesellschaften mangelnde Unterstützung durch die Senatorin beklagt. Die Unternehmen wurden in „Kooperationsvereinbarungen“ zum Neubau günstigen Wohnraumes in großer Zahl verpflichtet, doch dies gehe nicht ohne Hilfe.

Beispiele gescheiterter Projekte: Die Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte (WBM) wollte auf der Fischerinsel ein Hochhaus bauen, doch der Protest der Anwohner verhinderte dies. Am Thälmann-Park in Prenzlauer Berg sollten zunächst mehr als 1000, dann ein paar Hundert und am Ende gar keine Wohnungen mehr gebaut werden.

Im rot-rot-grünen Senat stieß der von der Senatorin am Dienstag vorgelegte Sachstandsbericht auf Kritik. Nicht nur, weil er lediglich auf Zahlen bis August beruht. Es gibt in der Koalition auch Unmut darüber, dass Lompscher die Hemmnisse benennt, aber keine Lösungsmöglichkeiten aufzeigt. Lompscher müsse den Bericht nachbessern, hieß es.

Müller kritisiert Senatorin Lompscher

Die SPD und der Regierende Bürgermeister Michael Müller werfen Lompscher vor, sich zu wenig um den Wohnungsneubau zu kümmern. Sie muss daher regelmäßig Bericht im Senat erstatten. Der Regierungsschef will sie in die Pflicht nehmen. Die Wirtschaft beklagt zudem, dass private Investoren nicht genügend unterstützt werden. Wohnungsneubau und Mieten werden auch bei der Klausurtagung der SPD-Fraktionsklausur unter Vorsitz von Raed Saleh im Januar Thema sein. Selbst in den Reihen der Linken wächst die Kritik.

Die Senatorin ist indes zuversichtlich, dass das Ziel noch erreicht werden kann – aber nur, wenn Grundstücke und Baurecht rechtzeitig zur Verfügung stehen. „Derzeit arbeiten wir an Kooperationsvereinbarungen mit den Bezirken“, sagte ihre Sprecherin Petra Rohland auf Anfrage. „So wollen wir etwa mit Prämien die Genehmigungsabläufe beschleunigen.“

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