Immobilienmarkt

Vielen Berliner Kitas droht durch hohe Mieten das Aus

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Florentine Anders
Nikolaus-Demonstration im Kinderladen Die Bande in Kreuzberg

Nikolaus-Demonstration im Kinderladen Die Bande in Kreuzberg

Foto: Sergej Glanze / Glanze/Berliner Morgenpost

Eltern protestieren in Kreuzberg gegen die Mieterhöhung eines Kinderladens. Laut Kita-Dachverband sind dadurch etliche Läden bedroht.

Berlin. Eltern und Kinder der Kita „Bande“ sind am Mittwoch auf die Straße gegangen, um gegen die Verdrängung aus ihrem Kreuzberger Kiez zu demonstrieren. Auf der Kundgebung an der Oranienstraße sammelte ein Nikolaus die Wünsche der Protestierenden ein. „Wir wünschen uns, dass unser Kinderladen nicht schließen muss, weil unsere neuen Hauseigentümer nun das große Geld wittern“, stand auf einem der Wunschzettel.

Der Kreuzberger Kinderladen ist kein Einzelfall. Derzeit bangen nach Angaben des Dachverbandes der Kinder- und Schülerläden (DaKS) 20 solcher kleinen Kitas wegen steigender Mieten oder Kündigungen um ihre Existenz. In Berlin wurden in den vergangenen drei Jahren insgesamt über 50 Kinderläden, die beim DaKS organisiert sind, der Mietvertrag gekündigt oder die Miete derart angehoben, dass der Kinderladen diese nicht mehr oder nur noch schwer finanzieren konnte.

Besonders Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte betroffen

Ein solches Ausmaß von Verdrängung habe es vielleicht zuletzt während der Immobilienspekulation kurz nach dem Mauerfall im Westen Berlins gegeben, heißt es in einem Appell des Dachverbandes an die Politik, die soziale Infrastruktur in Berlin zu sichern. Die meisten Kündigungen seien in den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg mit Schwerpunkt in Kreuzberg zu beobachten, gefolgt von Mitte und Neukölln, aber auch Wilmersdorf.

Einzelfälle gebe es im gesamten Stadtgebiet. Entweder hätten Vermieter die Verträge gekündigt oder bei auslaufenden Verträgen keine Verlängerung angeboten. In anderen Fällen hätten die Vermieter nach Ablauf der Vertragslaufzeit eine Verlängerung für exorbitante Mieten in Aussicht gestellt. „Soziale Einrichtungen können bei diesem Immobilienmonopoly nicht mitspielen“, sagte Babette Sperle, Vorsitzende des Dachverbandes.

Besitzer will Miete fast vervierfachen

Der Kinderladen „Bande“ hat vor 34 Jahren eine Remise an der Oranienstraße 202 vom Immobilienunternehmen GSW gemietet. Die Eltern hatten mit viel Eigeninitiative und mit Fördergeldern der Stadt aus dem damals baufälligen Gebäude eine selbstverwaltete Kita für 15 Kinder gemacht. In den vergangenen Jahren hat es mehrere Eigentümerwechsel gegeben, doch der Mietvertrag der Kita wurde dabei nicht angetastet. Das ist jetzt anders.

Der neue Eigentümer, die „Deutsche Investment – Wohnen III“, hat den Mietvertrag fristgerecht zum Oktober kommenden Jahres gekündigt. „Uns wurde zwar ein neuer Mietvertrag angeboten, allerdings zu einem Quadratmeterpreis von mehr als 15 Euro“, sagte Max Kerkhoff, Vater einer fünfjährigen Tochter in der Kita. Das sei das Vierfache der jetzigen Miete. Derzeit liege die Miete bei 4 Euro und damit genau in dem Rahmen, der durch die staatlichen Zuschüsse des Landes abgedeckt ist. Wer ein Haus in Kreuzberg kaufe, müsse doch wissen, dass die Mieter solche Preise nicht zahlen können.

Für Gerwerbeimmobilien gibt es keine Mietpreisbremse

Bei Gewerbeimmobilien gibt es die aus dem für Wohnraum bekannten Schutzmechanismen für bestehende Mietverhältnisse nicht. Gewerbemietverträge sind in der Regel zeitlich befristet und die Miete ist frei verhandelbar. Der Dachverband fordert deshalb die Senatsverwaltung für Bildung zum Handeln auf und die Verdrängung der sozialen Infrastruktur zu verhindern.

Die in den Zuschüssen enthaltenen Anteile für Mieten müssten deutlich angehoben und dann fortlaufend angepasst werden, heißt es in dem Positionspapier. Zudem solle sich das Land für eine Regulierung der Gewerbeinfrastruktur in Kiezen einsetzen, um so zu einer gesunden Mischung von Kleingewerbe, Gesundheit und Sozialem beizutragen.

Derzeit verhandelt die Senatsverwaltung für Bildung gemeinsam mit den Freien Kita-Trägern die Zuschüsse neu, denn die jetzige Regelung läuft zum Ende des Jahres aus. Noch im Dezember soll die Vereinbarung unterzeichnet werden. In den zähen Verhandlungen wurden auch immer wieder die steigenden Mieten diskutiert.

Nach Protest zeigt sich Hausbesitzer gesprächsbereit

Tatsächlich ist eine moderate Erhöhung der dafür vorgesehenen Mittel nun vorgesehen. Das schütze die Kinderläden aber nicht vor Kündigungen, wenn die Eigentümer größtmögliche Gewinne machen wollen, sagte Babette Sperle vom Dachverband. „Diese Preisspirale können und wollen wir gar nicht mitmachen.“

„Wir werden jedenfalls nicht so einfach gehen“, kündigte der Vater Max Kerkhoff vom Kinderladen „Bande“ an. Diese Botschaft ist offenbar beim neuen Eigentümer des Hauses angekommen. Nachdem der Protest angekündigt worden war, habe es ein Gesprächsangebot von der Hausverwaltung gegeben. „Wir hoffen sehr, dass es noch zu einer einvernehmlichen Lösung kommen wird“, sagte Kerkhoff.

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