Tag der offenen Tür

Riesen-Andrang am Flughafen Tempelhof

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Philipp Siebert

Beim Tag der offenen Tür am ehemaligen Flughafen Tempelhof mussten die Veranstalter sogar kurzzeitig den Zugang schließen.

Berlin. Die Geschäftigkeit erinnerte beinahe an alte Zeiten. Für einen Nachmittag war die Haupthalle des ehemaligen Flughafens Tempelhof voller Menschen. Ein Flugzeug bestieg allerdings niemand. Vielmehr waren mehr als 20.000 Besucher am Sonnabend zum Tag der offenen Tür gekommen. Es war der erste seit der Stilllegung im Jahr 2008. Und es soll nicht der letzte sein.

Neben der Haupthalle mit Transitgang und dem überdachten Vorfeld konnten etwa die Dachterrasse, Hangar fünf oder eine Luftschutzanlage besichtigt werden. Gleichzeitig haben auch einige der Mieter des Gebäudes ihre Türen geöffnet, darunter die Verkehrslenkung Berlin oder der Rock ’n’ Roll-Club Silverwings. Insgesamt 16 geführte Touren wurden zum Teil mehrfach hintereinander angeboten.

Auch wenn am Tag der offenen Tür nur ein Bruchteil des Flughafens geöffnet war, konnte man innerhalb der fünf Stunden kaum alles schaffen. Denn betrachtet man das Gebäude in Zahlen, ist es einfach gigantisch. Über 1,2 Kilometer erstreckt es sich als Viertelkreis vom Kopfbau Ost am Columbiadamm bis zum Kopfbau West südlich des U-Bahnhofs Paradestraße. Hinzu kommen die Flügel rund um den Ehrenhof am Platz der Luftbrücke.

Auf einer Fläche von 30 Hektar erstreckt sich ein Labyrinth aus 8000 Räumen. In Teilen wurde das zwischen 1936 und 1941 errichtete Gebäude nie fertiggestellt. Aufgrund der Größe sei es weniger ein Gebäude, als ein ganzes Stadtquartier, sagte Jutta Heim-Wenzler. Dieses will die neue Geschäftsführerin der landeseigenen Tempelhof Projekt GmbH nun in sein Umfeld integrieren. Dazu gibt es viel zu tun. „Die hohe Dringlichkeit und die Größe des Sanierungsbedarfs haben mich schier umgehauen“, sagte Heim-Wenzler weiter.

Rund 5000 Störfälle wurden seit Anfang des Jahres gezählt. Beinahe täglich fällt die Dampfheizung aus. Trafos sind immer wieder defekt, und das Dach ist in Teilen undicht. „Allein 300 bis 400 Millionen Euro würde es kosten, um den Havarien zu begegnen“, so Heim-Wenzler. Im Landeshaushalt stehen dazu allerdings nur zwölf Millionen Euro jährlich bereit.

Nur ein Drittel der Fläche ist momentan vermietet

Parallel muss ein Nutzungskonzept erarbeitet werden. „Nur ein genutzter Ort kann denkmalgerecht erhalten werden“, so Heim-Wenzler. Aktuell ist lediglich ein Drittel der Fläche vermietet. Mit dem Auszug der letzten Flüchtlinge Ende des Jahres stehen die Hangars fünf und sechs wieder für Veranstaltungen bereit. In Hangar sieben soll das Alliiertenmuseum unterkommen.

Außerdem soll der Tower geöffnet und auf dem geschwungenen Dach eine Geschichtsgalerie eingerichtet werden. Für die Hangars eins bis vier gibt es aber noch keine Pläne. Hier ist bis Ende 2019 ein Ankunftszentrum für Flüchtlinge untergebracht. Auch die Mitte des Gebäudes und insbesondere die Haupthalle stehen leer. Anknüpfend an die Volksbegehren von 2008 zur Schließung und 2014 zum vollständigen Erhalt des Feldes sollen auch hier die Bürger eingebunden werden. „Wir wollen wissen, was ihre Vorstellungen für die Zukunft des Flughafengebäudes sind, wie sie diesen besonderen Ort zukünftig sehen und erleben wollen“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke).

Klar sei dabei, dass es dem Ort und seiner wechselvollen Geschichte angemessen sein müsse. So fiel am Tag der offenen Tür auch der Startschuss für eine weitere Bürgerbeteiligung: In der Mitte der Haupthalle war ein Stand aufgebaut, an dem jeder Besucher seine Wünsche auf einen Aufkleber schreiben und sie an eine Pappwand kleben konnte. Gleichzeitig wurde eine Internetseite freigeschaltet, auf der weiterhin Ideen eingebracht werden können. Sie sollen ab dem 8. Januar ausgewertet werden.

Bereits am Sonnabend kamen die unterschiedlichsten Vorstellungen zusammen. Museen, eine Tanzhalle, Proberäume für Bands, Start-ups oder eine Markthalle wurden gewünscht. Manche, wie Wolfgang Kunzendorf, hätten gerne, dass der Flughafen wieder eröffnet. Andere haben der Fantasie freien Lauf gelassen – wie der dreijährige Caspar. Geht es nach ihm, würde ein Piratenschiff in der Haupthalle aufgestellt. „Dann muss aber auch ein Meer gebaut werden.“ Sein Vater Alexander Nöhring wünscht sich hingegen bezahlbare Wohnungen im Gebäude. Zumindest das scheint nicht ganz unrealistisch. „Das ist eine offene Frage, und auch das muss man prüfen“, so Senatorin Lompscher

Wer es am Sonnabend nicht nach Tempelhof geschafft hat, kann seine Ideen auch online in die Diskussion einbringen.