Die Stiftung Berliner Mauer soll künftig für die East Side Gallery zuständig sein. Sie fordert mehr Infos und Bildungsprogramme.

Die Debatte um die Zukunft der East Side Gallery gewinnt an Fahrt. Jetzt fordert der Direktor der Stiftung Berliner Mauer, Axel Klausmeier, dass Informationen zum Ort und Bildungsprogramme an der Open-air-Galerie in Friedrichshain angeboten werden müssten. Wann und warum entstand die East Side Gallery? Welche Funktion hatte dieser Teil der Mauer? Fragen wie diese sollten unmittelbar vor Ort beantwortet werden. Klausmeier weiter: „Der Ort muss endlich erklärt werden.“ Die Menschen, die die Zeit der Teilung nicht erlebt haben, sollten die Chance bekommen, „zu verstehen, wo sie sich befinden“ – das beträfe sowohl die Zeit der deutschen Teilung bis 1989 als auch die künstlerische Gestaltung der Betonmauer.

Einer der am meisten besuchten Orte Berlins

Klausmeier positioniert sich damit vor dem Hintergrund der Diskussion um die Zukunft der Sehenswürdigkeit, die zu den am meisten besuchten Orten Berlins gehört. Millionen Touristen schlendern jährlich an der 1,3 Kilometer langen Ausstellung entlang. Kaum jemand verlässt den Ort, ohne Fotos oder ein Selfie gemacht zu haben. Als Hintergrund werden meist die berühmten Kunstwerke gewählt, wie etwa der „Bruderkuss“ von Leonid Breschnew und Erich Honecker, den der russische Künstler Dmitri Wrubel gemalt hat.

Sagi Leyba und Daria Denisov kommen aus Israel und verbringen eine Woche in Berlin
Sagi Leyba und Daria Denisov kommen aus Israel und verbringen eine Woche in Berlin © Jörg Krauthöfer

Bislang ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg für die Galerie zuständig. Doch das Bezirksamt möchte die Verantwortung abgeben. Der Senat will das Denkmal an die Stiftung Berliner Mauer übergeben. Dies solle im kommenden Jahr geschehen, kündigte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) an, als er im August eine Ausstellung auf der Rückseite der East Side Gallery eröffnete. Im Landeshaushalt seien Mittel dafür bereitgestellt. Lederer ist Vorsitzender des Stiftungsrats.

Die Kunstwerke nehmen große Flächen der einstigen Mauer ein. Klein sind dagegen die weißen Info-Tafeln, die in großen Abständen vor den Kunstwerken stehen und weit unter Augenhöhe angebracht sind. Dass die Mauer nach 1961 errichtet wurde, steht da zu lesen. Das Datum des Mauerfalls, 9. November 1989, ist angegeben, außerdem die Zeit der Bemalung von Februar bis September 1990, und dass die Instandsetzung 2009 erfolgte. Das ist aber auch schon alles.

Unter den Jahreszahlen, mit kleinerer Schrift, steht: „Beschädigung und Verunreinigung sind untersagt und werden strafrechtlich verfolgt. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Berlin.“ Diese beiden Sätze sind auch ins Englische übersetzt. Eine weitere kleine Tafel weist darauf hin, dass es sich um ein Denkmal handelt. Denn es kommt immer wieder zu Beschädigungen der Bilder durch Sprayer und durch Besucher, die kleine Betonteile als Andenken mitnehmen wollen.

An Sonntag ist Leonhard Temming an der Mühlenstraße unterwegs. „Die East Side Gallery ist ein Hotspot, ein touristisches Highlight“, sagte der 29-Jährige aus Charlottenburg. „Hier steckt wahnsinnig viel Geschichte drin.“ Wenn er mit Gästen zur East Side Gallery komme, erkläre er vieles. „Aber hier steht eigentlich nichts zur Erläuterung.“ Der 29-Jährige befürwortet mehr Information. „Das ist eine super Initiative.“ Der Charlottenburger wünscht sich auch mehr Informationen im öffentlichen Raum zum gesamten Mediaspree-Gebiet. „Denn hier wird sich in den nächsten Jahren viel ändern.“ Auch eine junge Frau aus Frankfurt/Main sagte: „Da ich nicht von hier komme, wäre es schon interessant, Näheres dazu zu wissen.“ Sonst sei man „ein bisschen verloren. Und nur zu googeln, ist halt auch nicht so gut“.

„Wir interessieren uns für deutsche Geschichte“

Nahe der East Side Gallery, auf Treppenstufen mit Blick zur Spree, haben sich am Sonntagnachmittag zwei Besucher aus Israel zur Zigarettenpause niedergelassen. „Ich würde gern mehr über die Mauer wissen und über die Künstler, die gemalt haben“, sagte Sagi Leyba (24), der mit Daria Denisov (22) eine Woche in Berlin verbringt. „Wir interessieren uns für deutsche Geschichte“, sagte Leyba. Und auch das gibt es: Berliner, die zum ersten Mal an der East Side Gallery sind.

„Wir wollten uns das mal ansehen“, sagte Wolfgang Koch (82) aus Wedding, der mit Dagmar Frey (65) am Sonntag auf dem Weg zwischen Spreeufer und der Open-air-Galerie unterwegs war. „Das Gelände ist gut gestaltet. Man bekommt einen Überblick und es gibt keine Drängelei. Es läuft sich angenehm.“ Mehr Infos zur Geschichte und zu den Künstlern „wären angebracht“, sagte Wolfgang Koch.

Bewegendes Video: Rückblick auf den Fall der Berliner Mauer

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