Zum Park hin stehen noch ein paar Gerüste an der Fassade. Doch viel ist nach rund achtjähriger Bautätigkeit rund um das Schloss Charlottenburg nicht mehr zu tun. Das Unternehmen, das ursprünglich für die Natursteinsanierung zuständig war, hatte Insolvenz angemeldet. Ein neuer Spezialist musste gefunden werden. Bis Mitte Oktober sollen nun aber auch diese letzten Makel beseitigt sein. „Das war das größte Investitionsprojekt seit der Wiederherstellung des Charlottenburger Schlosses nach seiner Zerstörung 1944“, sagt Ayhan Ayrilmaz, Direktor der Abteilung Architektur der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG).
Es gibt nun auch einenAufzug im Schloss
17.000 Quadratmeter Fassade mit 700 Fenstern aus unterschiedlichen Epochen wurden renoviert. Es gibt nun auch einen Aufzug, der Mobilitätsbehinderte in die Räume im ersten Stock bringt, und das Schloss ist erstmalig nun auch mit moderner Brandschutztechnik ausgestattet. „Man möchte sich gar nicht vorstellen, was vor der Renovierung im Fall eines Brandes geschehen wäre“, sagt Ayrilmaz. 16,4 Millionen Euro wurden investiert, darin auch 5,3 Millionen Euro Bundesmittel allein für die energetische Sanierung. „Unser Energieverbrauch sinkt damit um etwa ein Drittel“, sagt Ayrilmaz.
Im Schloss riecht es noch nach Farbe. Erst vor wenigen Tagen sind auch die königlichen Paraderäume im Erdgeschoss fertig geworden. Sie sind nun der Öffentlichkeit wieder zugänglich. Der Terrassensaal zum Garten hin leuchtet in strahlendem Karmesinrot. „Das ist die Farbe des Stoffs, mit dem der Raum ursprünglich einmal ausgespannt war“, sagt SPSG-Kustodin Michaela Völkel. Wie der Stoff selbst ausgesehen hätte, habe sich nicht mehr ermitteln lassen.
Im Anschluss an das Terrassenzimmer liegen die Repräsentationsräume. „Wir haben uns bemüht, sie wieder so herzustellen, wie sie ursprünglich im 17. und 18. Jahrhundert ausgesehen haben“, sagt Völkel. Viele Kunstwerke und Möbelstücke konnten in den letzten Jahren auch mithilfe des Freundeskreises der SPSG wieder zurückgekauft oder als Leihgaben für die Ausstattung der Räume gewonnen werden.
Bewundern und Repräsentieren
In den Zimmern zum Garten hin wurde Völkel zufolge nicht gewohnt. „Die prächtigen Räume waren eher zum Bewundern und Repräsentieren gedacht. So zeigen die ersten beiden Zimmer wieder alle sechs Tapisserien im Stil der Gemälde des französischen Rokoko-Malers Antoine Watteau. Angeschafft hatte sie bereits Friedrich II., doch einen der Wandteppiche hatte Kaiser Wilhelm II. 1918 nach dem Ende der Monarchie in Deutschland mit in sein holländische Exil, Haus Doorn, genommen, sagt die für Textilien zuständige SPSG-Kustodin Susanne Evers. Dort sei er aber verkauft worden und erst 2006 wieder in Belgien aufgetaucht. Jetzt hängt die Tapisserie wieder an ihrem ursprünglichen Platz.
In den folgenden Räumen gaben die preußischen Könige ihre Audienzen. Neben einem größeren Raum für mehrere Personen, findet sich auch ein kleineres, fast intimes Kabinett mit zwei Sesseln vor einem Kamin. „Hier traf sich der König dann eher zu Gesprächen mit einem Gegenüber auf Augenhöhe“, sagt Völkel. Zu sehen ist beispielsweise aber auch ein kleiner Tisch mit einem eingelassenen Bohnenspiel, das zeigt, wie sich Schlossherren und -herrinnen ihre Freizeit vertrieben haben.
Eines der Highlights in den neu gestalteten Paraderäumen ist das Baldachinbett aus dem Paradezimmer König Friedrichs I., dessen insgesamt rund 120.000 Euro teure Restauration durch ein Vermächtnis von Gudrun Moegelin bis 2019 ermöglicht wird. Das Bett war ursprünglich von König Friedrich I. für die Paraderäume im Schloss Charlottenburg errichtet worden, nachdem dessen Frau Sophie Charlotte gestorben war. Das Bett wurde aber 1760 durch plündernde russische und österreichische Truppen zerstört. Friedrich der Große gab dann Mittel für die originalgetreue Wiederherstellung des Paradebettes, das „vielen fürstlichen Personen an ihren Vermählungstagen zum Beylager“ diente und den dynastischen Fortbestand symbolisierte. „Damals wurden nach den Vermählungsfeiern der Hohenzollern in Charlottenburg Braut und Bräutigam in dieses Schlafgemach geführt, entkleidet und zu Bett gebracht“, sagt Völkel.
Neben den Repräsentationsräumen ist auch das private Schlafzimmer von Sophie Charlotte wieder so eingerichtet, wie es zur Zeit der Preußenkönigin auch ausgesehen haben mag. Zwar fehlt ihr Bett, aber man kann den größten Teil ihrer Bildersammlung besichtigen. Auf die rote Seidentapete hatte Sophie Charlotte ursprünglich dicht an dicht rund 60 Bilder aufgehängt, wie einer Inventarliste aus dem Jahr 1705, dem Todesjahr der Königin, zu entnehmen war. Nun hängen in ihrem Zimmer wieder 26 dieser Bilder.