Die Rudolf-Wissell-Brücke bekommt einen neuen Fahrbahnbelag. Dabei wird eine neue Technologie angewendet.
Diese Baustelle ist nichts für Zartbesaitete: Auf der einen Seite brummen unablässig schwere Lastkraftwagen an den Bauarbeitern vorbei, auf der anderen Seite dampft der frische Asphalt. Das Thermometer des Bauleiters zeigt eine Temperatur von knapp 114 Grad Celsius an. Und das mitten im Hochsommer. „Das ist wirklich ein Knochenjob“, sagt anerkennend Jörg Becker. Doch der Verkehrsexperte des ADAC freut sich darüber, dass es auf Berlins größter Sommerbaustelle derzeit so gut vorangeht.
Seit dem 12. Juli ist die Rudolf-Wissell-Brücke – mit 926 Metern Berlins längste Brücke – Dauergast in den Verkehrsmeldungen. Besonders morgens heißt es für die Autofahrer: anstehen und Geduld haben. Im Berufsverkehr kann es schon mal eine halbe Stunde dauern, bevor das Nadelöhr passiert ist. Die Rudolf-Wissell-Brücke in Charlottenburg gehört mit normalerweise 180.000 Fahrzeugen am Tag zu den am stärksten befahrenen Autobahnabschnitten in ganz Deutschland.
Doch die zwischen 1958 und 1961 gebaute Straßenbrücke ist ein Sanierungsfall. Das Bauwerk aus Spannbeton ist so marode, das es eigentlich durch einen Neubau ersetzt werden muss. Weil allerdings noch unklar ist, wie die technische Lösung dafür aussieht, hat sich der Berliner Senat dazu entschieden, der Brücke noch mal eine Frischekur zu verpassen. Die sechs Fahrbahnen sollen zumindest so erneuert werden, dass sie noch ein paar Jahre ohne neue Schlaglöcher durchhalten. In diesem Jahr steht die Sanierung der Fahrbahn in Richtung Norden (Hamburg/Wedding) auf dem Programm.
Nur noch zwei schmale Spuren pro Fahrtrichtung
Im Sommer 2018 ist die andere Brückenseite dran. Während der Arbeiten stehen nur zwei schmale Fahrspuren pro Richtung zur Verfügung. Ab 3. September sollen die Autos wieder über die volle Breite fahren können. „Ich bin mir eigentlich sicher, wir schaffen das“, sagt Andreas Imgartinger, Bereichsleiter der Bundesbaugesellschaft Deges, die die Arbeiten im Auftrag des Senats plant und leitet.
Um diese knappe Frist halten zu können, wird die Brücke mit einer neuartigen Technologie saniert. Beim HANV-Verfahren (Hohlraumreiches Asphalttraggerüst mit nachträglicher Verfüllung) wird zunächst eine spezielle Asphaltschicht aufgetragen, die besonders viele Hohlräume aufweist. Diese werden im Anschluss mit Epoxidharz aufgefüllt. „Das spart erheblich Zeit, weil wir mehrere Arbeitsgänge miteinander verbinden“, sagt Deges-Projektleiter Wolfgang Pilz. Die Abdichtung des Unterbaus gegen Wasser und der Aufbau einer neuen Tragschicht werden beim HANV-Verfahren in einem Zug ausgeführt.
Das Verfahren ist allerdings nicht ohne Risiko: Denn beim starken Regen füllen sich die Hohlräume im Asphalt mit Wasser statt mit dem Harzgemisch. Im schlimmsten Fall muss die gesamte Schicht wieder raus. „Daher haben wir zuletzt sehr oft zum Himmel geschaut“, so Irmgartinger. Am Mittwochmorgen gab es dann aber grünes Licht für die Bauarbeiter von Strabag und Eurovia, die im Konsortium den Auftrag übernommen haben. Nun wird 36 Stunden am Stück gearbeitet.
Donnerstagabend soll die gesamte knapp 930 Meter lange Strecke bis zum nördlichen Brückenende fertig sein. Anschließend werden die halbe mittlere und die linke Spur im normalen Bauverfahren saniert. „Diese sind nicht so stark von schweren Lkw belastet, wie die rechte Fahrspur. Daher lässt sich dort der höhere finanzielle Aufwand nicht rechtfertigen“, sagt Irmgartinger. Das HANV-Verfahren ist laut dem Deges-Mann um rund ein Viertel teurer als die herkömmliche Bauweise bei Straßensanierungen.
Doch nicht nur Autofahrer, auch viele Bahnreisende müssen in der kommenden Zeit erhebliche Einschränkungen aufgrund von Brückenbauarbeiten hinnehmen. Die Bahn hat jetzt damit begonnen, bis 2023 insgesamt 13 Brücken an der Bahnstrecke zwischen Berlin-Karow und Bernau zu erneuern. Eine Investition von insgesamt 160 Millionen Euro.
Im Berliner Norden werden 13 Bahnbrücken erneuert
„Die Brücken sind mehr als 100 Jahre alt, es muss dringend etwas getan werden“, sagt Olaf Schroeder, Projektleiter von der Bahntochter DB ProjektBau. Den Anfang macht die Brücke über die Zepernicker Chaussee. Die Straße wird für die Arbeiten ab 8. August mehr als ein Jahr lang für Autos gesperrt. Es wird auch mehrere Sperrpausen für die S-Bahn und Regionalverkehr geben. So fahren auf der Linie S2 vom 18. August, 22.30 Uhr, bis zum 22. August, 22.30 Uhr, Busse statt Bahnen, die Fernbahngleise werden sogar bis zum 26. August, 3 Uhr, gesperrt.
Wegen Berlins Sparpolitik bröckelt die Infrastruktur