Gewerbeflächen

Der Platz für Firmen wird eng in Berlin

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Joachim Fahrun

Foto: picture alliance / Wolfram Stein

Berlin galt lange als Metropole der freien Räume. Mit dem Wirtschaftsaufschwung hat sich das geändert.

Normalerweise besorgt John Amram den betuchten Kunden seiner Firma HPBA mit Erfolg werthaltige Immobilien. In eigener Sache steht der Unternehmer jedoch vor Problemen. Er will seine Firma vergrößern, findet aber nur schlecht neue Büros. „Es gibt fast kein Angebot“, sagt Amram. In der Innenstadt würden Qua­dratmetermieten von 25 Euro und mehr aufgerufen, in der Spitze bis zu 40 Euro: „Das ist Frankfurter Niveau.“

Bei Industrieflächen sieht es ähnlich aus. Der anhaltende Aufschwung der Berliner Wirtschaft und die starke Konkurrenz des Wohnungsbaus haben Platz für ökonomische Aktivität in der Stadt zur Mangelware werden lassen.

Die Studien der Maklerhäuser schätzen, dass nur noch 2,7 bis drei Prozent der Berliner Büros leer stehen. In Frankfurt am Main sind es zehn Prozent. Der Neubau von Bürohäusern hinkt der Nachfrage hinterher. „Was in den nächsten zwei Jahren angefangen wird, ist alles schon vermietet“, sagt Stefan Franzke, Chef der Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner.

An der Peripherie wird man für 12 bis 15 Euro fündig

Vor allem in der Innenstadt sei „sehr viel Druck im Markt“. Immer mehr Firmen wichen in Randlagen aus, auch für Start-ups müsse es nicht mehr die hippe Fabriketage im Szene-Kiez sein. „Die verändern ihre Ansprüche und ziehen raus“, sagt Franzke. An der Peripherie wird man für 12 bis 15 Euro fündig. Er rät Unternehmen, sich wenn möglich schon heute größere Flächen für künftiges Wachstum zu mieten und die nicht sofort benötigten Räume unterzuvermieten.

Die Investoren und Projektentwickler haben sich bisher eher zögerlich dem Bau etwa von Bürogebäuden zugewandt. Aber Quadratmeter-Mieten von 25 Euro gelten als Marke, ab der sich auch Hochhäuser rechnen. Andererseits berichten Marktkenner von sehr langen Genehmigungsverfahren in den Bezirken.

Vor allem größere zusammenhängende Flächen sind rar

Immobilienexperte Amram berichtet jedoch von steigendem Interesse auch ausländischer Investoren am Berliner Gewerbe-Immobilienmarkt. So habe ihn eine Familie aus dem mittleren Osten kontaktiert, die 200 Millionen Euro in Berliner Gewerbeobjekte investieren wollen, Chinesen aus Hongkong hätten sogar 600 Millionen dafür übrig. Das liege auch daran, dass die Preise für Wohnungen inzwischen so hoch seien, dass nur noch schmale Gewinne zu erzielen seien. Im Gewerbebereich seien noch Renditen von drei oder vier Prozent möglich. „Die Tendenz wird nach oben gehen“, sagt Amram, „denn wir haben zu wenig Büroflächen.“

Der gleiche Befund gilt auch für Industrieareale. Berlin-Partner-Chef Franzke geht davon aus, dass kurz- und mittelfristig nur noch 300 Hektar für produzierende Betriebe bereitstünden. In den vergangenen Jahren wurden nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Durchschnitt etwa 25 Hektar vergeben. Die Reserve ist also knapp. Vor allem größere zusammenhängende Flächen sind rar.

Senat hat keinen Überblick über Gewerbeflächen

Aber wie die Lage wirklich ist, weiß niemand. „Es gibt keinen Überblick über die Gewerbeflächen“, räumt Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) ein. Der Senat operiert seit 2011 mit den gleichen Zahlen, die 40 Gebiete mit 3013 Hektar für Produktion ausweisen. Aber ob Teile dieser Gebiete womöglich vermietet sind, ob sich dort seltene Eidechsen angesiedelt haben oder ob die Fläche überhaupt erschlossen ist, soll erst ein Gewerbeflächenkataster zeigen, das ab 2018 erarbeitet werden soll.

„Wir haben noch Flächen, aber es wird eng“, warnt die Senatorin. Ihr Hauptaugenmerk liegt darauf, Flächen zu sichern und nicht wie in Oberschöneweide geschehen eine Industriezone zum Mischgebiet umzuwidmen. Krach oder Lieferverkehr führten dort über kurz oder lang zu Ärger und zur Verdrängung des Gewerbes.

viele Firmen wollen lieber kaufen

Berlins größes neues Industriegebiet ist mit 90 Hektar der CleanTech Business Park Marzahn. Seit Anfang 2016 ist aber noch keine Ansiedlung zu vermelden. Zwei Unternehmen seien im Verfahren, berichtet Marketing-Frau Carola Lau. Gerade am Anfang sei man bestrebt, nur Betriebe zuzulassen, die das gewünschte Profil Umwelttechnik besonders gut treffen. Würde man die Kriterien lockern, hätte man schon einige Parzellen vergeben können, sagt Lau. Aber Logistikunternehmen oder ähnliche Interessenten reiche man an den benachbarten Landkreis Märkisch Oderland weiter.

Für Marzahn-Hellersdorfs Wirtschaftsstadtrat Johannes Martin (CDU) trägt auch das Land eine Mitschuld an der schleppenden Vermarktung der Vorzeigeflächen. Der Senat wolle nur in Erbpacht vergeben, viele Firmen wollten lieber kaufen. „Das ist ein relativ großes Problem.“ Dass Firmen nach Brandenburg ausweichen, findet der Stadtrat richtig. Der Bezirk hat nämlich außer dem CleanTech Park kaum noch Reserven. In den vergangenen Jahren wurden mehr als 20 Hektar verkauft. Jetzt seien noch 13 Hektar übrig. Zehn davon seien aber wegen kontaminierter Böden nicht verfügbar,

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