Die Entscheidung fiel Vanessa leicht. Die junge Frau mit den dick getuschten Wimpern will von Berlin nach Schwerin. Möglichst günstig soll die Fahrt sein. Beim Flixbus macht das 11,90 Euro. Zwar seien die Toiletten in den Fernbussen oft schmutzig, die Fahrer manchmal unfreundlich. Aber: „Zugfahren ist einfach zu teuer“, sagt Vanessa.
Mit niedrigen Preisen will der Fernbus-Anbieter Flixbus die Konkurrenten auf Schiene, Straße und in der Luft abhängen. Einen großen Teil des wirtschaftlichen Risikos tragen dabei allerdings die Subunternehmen. Sie stellen die Busse und deren Fahrer. Immer wieder steigen deshalb Unternehmer aus. Wörlitz Tourist aus Berlin etwa.
Zwei Jahre fuhr das Reiseunternehmen für Flixbus. Geschäftsführer Manfred Schnug sagt: Fahrpläne und Erlöse würden vom Münchner Mutterunternehmen sehr knapp berechnet. Dann kamen viele unerwartete Mehrkosten. „Wenn ich festgestellt habe, ich brauche wegen langer Fahrtzeiten auf einer Linie einen Fahrer mehr, dann war das mein Problem“, sagt Schnug. Hinzu kamen die Kosten für Fahrzeuge und Reparaturen.
Weil erfahrene Busfahrer fehlen, müssen Anfänger ran
Der Arbeitsmarkt für Busfahrer in Deutschland ist indes leergefegt. „Wir brauchten aber unbedingt mehr Fahrer, dann musste man bei der Auswahl eben Abstriche machen“, sagt der Busunternehmer. Er stellte mehr Unerfahrene ein. „Alle naselang gab es dann kleinere Unfälle“, so Schnug. Die Flixbus-Rechnung gehe bei anderen Unternehmen vielleicht auf. Aber für Schnug war nach zwei Jahren klar: Der Aufwand ist zu hoch. Konkreter will er nicht werden, verweist auf eine Verschwiegenheitsklausel im Flixbus-Vertrag.
Aus Branchenkreisen heißt es: Um profitabel zu fahren, müsse man bei guter Auslastung mindestens zehn Cent pro Fahrgast und Kilometer verdienen. Laut dem Forschungsinstitut Iges zahlen Fernbuskunden für Normalpreise im Schnitt knapp zehn Cent, bei Angeboten etwas weniger als vier Cent. Flixbus behält ein Viertel des Umsatzes ein. Der Rest geht an die Subunternehmen.
Bei einem Viertel der kontrollierten Busse Verstöße gegen Lenkzeiten
Flixbus verweist auf eine Studie des Sparkassen- und Giroverbandes. Die besagt: Viele Mittelständler profitieren von der Kooperation mit Flixbus. Gewerkschaften sagen dagegen: Viele sparen an den Fahrern. Das Bundesamt für Güterverkehr stellte 2016 bei einem Viertel der kontrollierten Busse Verstöße etwa bei der Einhaltung der vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten fest.
Kurz nach 18 Uhr am Berliner ZOB. Vanessas Bus ist angekommen. Der Fahrer putzt sich durch die Sitzreihen. Mit seiner Arbeit ist er zufrieden, die Bezahlung bezeichnet er als fair. „Das ist nicht selbstverständlich“, schiebt er nach. Vor einem Jahr hat er noch für ein anderes Unternehmen gearbeitet. Auf dem Lohnzettel fehlten da regelmäßig zwei, drei Arbeitsstunden pro Tag.
Flixbus will Reservierungen einführen – gegen Gebühr
Viele Fernbusfahrer sitzen zu lang am Steuer