Unter Polizeischutz

Ohne Burkas: In Moabit eröffnet die erste liberale Moschee

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Gudrun Mallwitz
Ein Anbau der Kirche St. Johannes soll die erste liberale Moschee beherbergen

Ein Anbau der Kirche St. Johannes soll die erste liberale Moschee beherbergen

Foto: dpa Picture-Alliance / Soeren Stache / picture alliance / Soeren Stache

In der Moschee in Moabit halten auch Frauen Predigten. Den Anstoß gab Anwältin Ates. Willkommen sind alle, nur Burka-Trägerinnen nicht.

Die Berliner Anwältin Seyran Ates will am kommenden Freitag in Berlin die erste liberale Moschee Deutschlands eröffnen. Unter Polizeischutz. Denn noch ehe Frauen und Männer dort gleichberechtigt beten und predigen, erreichten die Initiatorin bereits persönliche Anfeindungen – „zum Teil sehr heftig und obszön“, wie sie sagt. Die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee wird in der dritten Etage eines Anbaus der evangelischen Johanniskirche in Moabit untergebracht sein. Benannt ist sie nach dem arabischen Islamgelehrten, Philosophen und Arzt Ibn Rushd (1126–1198) und nach Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832).

Es sei „letztlich verantwortungslos“, als fortschrittlicher Muslim auf die konservativen Verbände zu schimpfen, statt selbst aktiv zu werden, begründet die aus der Türkei stammende Frauenrechtlerin und Friedensaktivistin ihr signalgebendes Projekt. „Als ich Mitglied der Islamkonferenz war, hat der damalige Innenminister Schäuble immer zu mir gesagt, die liberalen Muslime sollten sich zusammenschließen“, erzählt Seyran Ates im Interview mit „Spiegel Online“. „Ich habe ihm am Ende der Islamkonferenz recht gegeben und die Idee zur Moschee war geboren.“ In der liberalen Gemeinde sollen Frauen und Männer in einem Raum beten, und neben Imamen werden auch Imaminnen das Freitagsgebet leiten.

Anwältin lässt sich derzeit als Imamin ausbilden

Schon am Freitag, dem ersten Tag der zweitägigen Eröffnungsfeier, werden Frauen vorbeten: Die Schweizer Politologin Elham Manea wird zusammen mit dem Oldenburger Neurologen Mimoun Azizi zu hören sein – und Ates. Auch sie will eine Predigt halten – auf Deutsch, mit Übersetzung ins Türkische und Arabische. Die Anwältin lässt sich derzeit als Imamin ausbilden. Sie ist auch Autorin. Dieser Tage erscheint im Ullstein Verlag auch ihr neues Buch „Selam, Frau Imamin“.

Das neue Angebot soll sich vor allem an diejenigen richten, die sich bisher in keiner Moschee in Berlin zu Hause gefühlt haben. Die einen modernen, friedlichen, liberalen und toleranten Glauben leben wollen. Und die keine politisch spaltenden Predigten wollen, wie Ates betont.

Grundsätzlich stehen die Türen der Moschee allen offen – mit einer Ausnahme: „Mit Nikab oder Burka wird niemand in unsere Moschee kommen“, so die Frauenrechtlerin. „Aus Sicherheitsgründen und weil es unsere Überzeugung ist, dass die Vollverschleierung nichts mit Religion zu tun hat, sondern ein politisches Statement ist.“ Die neue Moschee soll auch homosexuellen und transgeschlechtlichen Gläubigen eine Heimat bieten. Der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) begrüßt dieses liberale Religionsangebot.

Lesben-und Schwulenverband für einen aufgeklärten Islam

Auch eher konservative Gläubige sollen den Weg in die neue Moschee finden. „Das schafft man nur durch Vorleben, offene Türen, einen Raum, in dem jeder Fragen stellen kann“, meint Seyran Ates. Sie ruft die friedlichen Muslime auf, mehr gegen die Radikalisierung im Islam zu unternehmen. Im Interview kündigt sie an: „Wir werden vonseiten unserer Moschee bald eine Großdemo für den Frieden, gegen den Terror organisieren.“