Die Bauunternehmer der Stadt schlagen Alarm. Wegen der anhaltend desolaten Zustände bei der Verkehrslenkung Berlin (VLB) und den Verkehrsbehörden der Bezirke geraten Unternehmen zunehmend in Finanznot. „In bisher unzähligen Gesprächsrunden wird ständig von Verbesserungen der Situation berichtet, es hat sich tatsächlich so gut wie nichts verändert“, sagt Manfred Vogelbacher, Geschäftsführer eines großen Rohrleitungsbetriebs aus der Fachgemeinschaft Bau, einem Zusammenschluss von 900 Bauunternehmern der Region.
Lange und unkalkulierbare Wartezeiten bei der Bearbeitung ihrer Anträge erschwerten eine Kalkulation der Personal- und Betriebskosten zunehmend, kritisieren die Unternehmer. „Wir brauchen Zuverlässigkeit und Planbarkeit, wenn sich aber die Voraussetzungen ändern, kann ich nicht mehr kalkulieren“, sagt Vogelbacher. In den vergangenen sechs Jahren seien durch verschleppte Antragsbearbeitungen mindestens 500 Arbeitsplätze verloren gegangen, weil Firmen wegen ausbleibender Genehmigungen das Personal nicht mehr bezahlen konnten, kritisieren die Unternehmer der Fachgemeinschaft Bau.
Dabei sei ein Großteil der Verzögerungen nach Ansicht des Verbandes leicht zu beheben. „Wir fordern, dass ein Mitarbeiter von Anfang bis zum Ende für eine Baustelle zuständig ist“, sagt Rüdiger Rausch, der in der Fachgemeinschaft Bau den Straßenbau vertritt. Absprachen, die zunächst getroffen wurden, würden oft nicht eingehalten, weil anschließend ein anderer Mitarbeiter der VLB andere Vorgaben mache. Das ließe sich bei einer einheitlichen Zuständigkeit vermeiden.
Helfen würde auch, wenn Anträge nach Prioritäten und nicht nach Antragseingang bearbeitet würden. So ließe sich unnötiges Offenhalten von Baustellen vermeiden, die nur wegen ausbleibender Genehmigungen bestehen. „Wir wollen den Individualverkehr in der Stadt nicht lahmlegen, sondern dabei helfen, Berlin zu einer Smart City zu machen“, sagt Vogelbacher. Dem Verband gehe es nicht darum, den Behörden Vorgaben zu machen, sondern die Wirtschaftlichkeit der eigenen Unternehmen zu sichern.
Die Unternehmer fordern mehr Transparenz. Sie erhielten keine Hinweise, ob ein Antrag zeitnah oder erst in Monaten bearbeitet würde. „Warum klappt das rund um die Hauptstadt in vier bis sechs Wochen – nicht aber in Berlin“, fragt Rausch. Er allein habe derzeit Aufträge mit einem Volumen von zwei Millionen Euro, die er nicht in Angriff nehmen kann, weil die Genehmigungen bei der VLB oder in den bezirklichen Verkehrsbehörden liegen. Stattdessen müsse er seine Mitarbeiter auf Kurzarbeit setzen, weil sich der Baubeginn verzögert.
Besonders schlimm sei die Situation in Charlottenburg-Wilmersdorf, beklagen die Unternehmer der Fachgemeinschaft Bau, einem Zusammenschluss von 900 Bauunternehmern der Region. In dem Bezirk würden Mitarbeiter inzwischen Antwortschreiben versenden, die einem Offenbarungseid gleichkämen: „Leider entspricht die Personalausstattung in der Straßenverkehrsbehörde Charlottenburg-Wilmersdorf angesichts stark ansteigender Antragszahlen aktuell nicht den Erfordernissen“, heißt es in einem Antwortschreiben des Bezirks auf einen Antrag, der viele Wochen lang nicht beantwortet wurde. „Seit Monaten können daher die eingehenden Anträge nicht mehr annähernd fristgerecht gesichtet oder bearbeitet werden“, heißt es weiter.
Durch die zögerliche Bearbeitung von Baustellenanträgen in der Vergangenheit haben sich Bauvorhaben bis zu zwei Jahre verzögert. Um gegenzusteuern, hat der Senat 20 neue Stellen für die VLB genehmigt. Allerdings sind die ersten der neu eingestellten Mitarbeiter auch schon wieder weg. Für die gleiche Arbeit erhalten sie beim Bund bis zu 300 Euro monatlich mehr Gehalt. Um die Einrichtung von Baustellen zu erhöhen, hat der Senat zudem zwei Beratungsfirmen angeheuert, die die Arbeitsabläufe der Verkehrslenkung optimieren sollen. Neben der Beschleunigung der Verfahren, sollen sie auch nach Möglichkeiten suchen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu erhöhen, um den Krankenstand zu senken.
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