Berlin. Bildungsforscher attestieren den Berliner Oberschulen erheblichen Entwicklungsbedarf. In der neuen Berlin-Studie, die am Mittwoch vorgestellt wurde, heißt es, dass die zum Schuljahr 2010/11 geschaffenen Integrierten Sekundarschulen, in denen Haupt-, Real- und Gesamtschulen aufgegangen sind, bisher weder zu besserem Unterricht noch zu besseren Schulabschlüssen geführt haben. Auch hänge der Schulerfolg der Kinder nach wie vor von deren sozialer Herkunft ab. Schließlich seien auch die Leistungsergebnisse an den Gymnasien rückläufig, vor allem im Fach Mathematik.
Hildegard Bentele: „Die Reform ist gescheitert“
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) war nicht überrascht von den Ergebnissen der Studie. „Die äußere Reform ist auf den Weg gebracht worden. Jetzt geht es darum, die Qualität in den Schulen zu verbessern“, sagte sie. Massive Kritik kam von der Opposition. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Hildegard Bentele, nannte die Ergebnisse der Studie verheerend. „Die Reform ist gescheitert“, sagte sie der Berliner Morgenpost. Die Hauptziele seien nicht erreicht worden. „An der Situation der Schüler mit besonders schlechten Leistungen hat sich nichts geändert.“ Das heiße auch, dass nach wie vor mehr als zehn Prozent der Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen würden. „Das ist ein Skandal“, sagte Bentele.
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Die Berlin-Studie war von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung und des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik im Auftrag des Berliner Abgeordnetenhauses erstellt worden. Die Forscher hatten die Ergebnisse von Leistungstests der neunten Klassen in Deutsch, Englisch, Naturwissenschaften und Mathematik vor und nach der Reform verglichen.
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Jürgen Baumert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin lobte, dass die Reform reibungslos verlaufen sei. Mit der Integrierten Sekundarschule, die nun neben dem Gymnasium die einzige weiterführende Schulform bilde, sei ein stabiler Rahmen geschaffen worden, der von Lehrern, Eltern und Schülern akzeptiert werde. Zudem gebe es nun weniger benachteiligte Schulstandorte mit besonders vielen lernschwachen Schülern. Die Lage der Risikoschüler habe sich allerdings noch nicht zum Guten verändert. „Jetzt geht es darum, Reformen innerhalb der Schulen durchzuführen“, forderte Baumert. Die Probleme an den Gymnasien bezeichnete er als hausgemacht. Mit der Strukturreform hätten sie nichts zu tun.
Schulen mit eigener Oberstufe sind bei Eltern gefragt
Des Weiteren stellten die Bildungsforscher fest, dass sich die Berliner Sekundarschulen vor allem darin unterscheiden, ob sie eine eigene gymnasiale Oberstufe haben oder nicht, die Unterschiede in der Zusammensetzung der Schülerschaft seien nach wie vor erheblich. Während Schulen mit eigener Oberstufe bei Eltern gefragt seien, würden die anderen meist von Schülern aus sozial schwachen Familien und solchen mit Migrationshintergrund besucht. Schwierig ist es laut Studie auch für Schüler, die das Probejahr am Gymnasium nicht bestehen und nach der 7. Klasse auf eine Sekundarschule wechseln müssen. Sie besuchen dann meist Sekundarschulen ohne eigene Oberstufe, sodass sich ihre Leistungen häufig verschlechterten. Diesen Schülern müssten andere Sekundarschulen zugewiesen werden, fordern die Bildungsforscher.
Bildungssenatorin Scheeres kündigte umfangreiche Maßnahmen an, um die Qualität der Schulen zu verbessern. Sie will Sekundarschulen ohne eigene Oberstufe stärker unterstützen. Diese Schulen sollen im Verbund mit Gymnasien und Oberstufenzentren eine gemeinsame Oberstufe bekommen. Sechs Schulen würden das bereits erfolgreich praktizieren. Bei der Lehrerausbildung will sie die Trennung der Masterstudiengänge für die Sekundarschulen und für das Gymnasium zum Wintersemester 2018/2019 abschaffen. Zudem will sie die Qualität der Ganztagsangebote verbessern. Auch soll es Zielvereinbarungen mit den Schulen geben. In Berlin besuchen gegenwärtig 78.149 Schüler eine der 124 Integrierten Sekundarschulen. 69.641 Schüler haben sich für eines der 91 Gymnasien entschieden.
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