Berlin. Überrascht war er nicht, als sein Name aufgerufen wurde. Georg Hoffmann war sich sicher, dass er mit seinem Baumkronen- und Zeitreisepfad Beelitz-Heilstätten die 29 Konkurrenten um den Brandenburger Tourismuspreis 2017 ausstechen würde. Der Mann aus der Eifel behielt recht. Die Jury aus 15 Tourismusexperten holte ihn am Freitag in der Brandenburger Landesvertretung aufs Siegertreppchen. Die Begründung: Hoffmann sei es mit seinem im September 2015 an den Markt gegangenen Angebot gelungen, die mehr als 100-jährige, wechselhafte Geschichte von Brandenburgs größtem Flächendenkmal touristisch erfahrbar zu machen „und die besondere Atmosphäre des Ortes zu erhalten“.
Über eine Länge von 320 Metern erstreckt sich bislang sein Pfad in 23 Meter Höhe über den Wipfeln von mehr als 65 Baumarten. Für den Projektentwickler ist das nur der Anfang. In einigen Jahren soll der auf Stahlträgern ruhende Holzsteg einen Kilometer lang sein. Vor allem damit Besucher die historischen Gebäude auf dem Areal aus der Vogelperspektive sehen können. So wie sie jetzt bereits die Ruine des Alpenhauses überqueren und auf das mit Birken und Sträuchern bewachsene Dach hinabblicken können. Weitere Dachüberquerungen sind geplant, beispielsweise über die alte Chirurgie. Auch eine neue Nutzung des Gebäudes, Indoor-Angebote seien wichtig „wegen des unbeständigen Wetters“. Hoffmann träumt von einem Garten unterm Dach. Bunt und vielfältig. Bis zu 800.000 Besucher avisieren er und seine Frau Beate, die 2013 die HPG Projektentwicklungs GmbH gegründet haben. Sieben Jahre hatte das Paar geplant, sich durch das Dickicht von Bürokratie und Baugenehmigungen geschlagen und sich für den Umzug von der Eifel ins Brandenburgische entschieden.
„Die Besucher kommen aus der ganzen Welt“
2016 konnte Hoffmann 160.000 Besucher begrüßen. „Die kommen aus der ganzen Welt“, sagt er stolz. Trotzdem hatte er auf mehr gehofft. Mindestens 200.000. Der verregnete Herbst habe ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Wirtschaftlich stehen wir trotzdem im grünen Bereich.“ 40 Millionen Euro veranschlagten Hoffmann und seine Partner, Jürgen Dawo von der Massivhauskette Town & Country und die Firma Vollack, fürs Projekt. Knapp acht Millionen hat Hoffmann mittlerweile investiert. Unter anderem in den 40 Meter hohen Stahlturm mit Aufzug, Treppen und einer Aussichtsplattform in 36 Meter Höhe. Und das Café samt Biergarten gegenüber, für das Hoffmann junge Leute als Betreiber gefunden hat. Mitte Mai soll unweit des Turms ein Barfußpfad mit verschiedenen Rundwegen eröffnet werden.
„Als ich damals in diesem immensen Waldgelände stand und für meine Idee warb, wollte mir keiner glauben, dass ich das Projekt ,Baum & Zeit‘ hier stemme“, sagt Hoffmann. Damals waren die Heilstätten eher bekannt für wilde, verbotene Partys, Sprayer trieben ihr Unwesen. Auch Investoren hatten sich am Gelände schon die Zähne ausgebissen. „Nun habe ich es allen gezeigt“, sagt Hoffmann selbstbewusst und verweist auf den Tourismuspreis. Für ihn ein gutes Marketingargument. Damit werde er bei Entscheidern ernst genommen. „Heute fragen sich alle, warum sie nicht selber auf die Idee mit dem Zeitreisepfad gekommen sind.“
Bescheidener zeigt sich da der Drittplatzierte: Der Tourismusverband Seenland Oder-Spree hat ein Programm speziell für Tagestouristen aufgelegt, die „Entdeckertouren“. Fünf Leute hätten die 44 Tipps erarbeitet, sagt Verbandschefin Ellen Rußig, „und natürlich alles selbst ausprobiert“. Das sei wohl auch das Erfolgsrezept. Die Resonanz habe sie dennoch überrascht. Im August 2016 wurden die 60.000 Broschüren verteilt, die Angebote im Internet publiziert. „Jetzt müssen wir schon wieder neu drucken“, sagt Rußig. Nicht nur Ausflügler aus der Umgebung, sondern auch Schweden und Italiener, Dänen und Holländer würden sich nach den Touren erkundigen. Die Touristiker empfehlen Routen für Wanderer, Radler oder Kanuten ebenso wie Ziele, die gut mit dem Auto angesteuert werden können. Die Palette reicht von kulturellen Angeboten bis zum Naturerlebnis, von Badestellen bis zu Picknickplätzen. Rußigs persönliche Lieblingsrouten: „Eine Tour nach Fürstenwalde mit seiner Domgeschichte lohnt sich, ebenso die Märkische Schweiz auf der Naturparkroute entlang.“
Hotelprojekt aus Wittenberge erhält den zweiten Preis
Den zweiten Preis sicherte sich die Familie Lange aus Wittenberge. Im denkmalgeschützten Gebäude der Alten Ölmühle hat sie ein Hotel mit Tagungsbereich, ein Restaurant mit Hausbrauerei, einen Kletter- und ein Tauchturm eingerichtet. Was die Jury überzeugte: die „gelungene Verbindung von Industriekultur mit dem Naturraum der Elbauen“. Ein über 2000 Quadratmeter großer Wellnessbereich mit Saunagarten auf dem Dach ist zurzeit im Bau.