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Kommentar: Lütke Daldrup ist das letzte Aufgebot für den BER

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Joachim Fahrun
Nun soll es ein Politiker richten

Nun soll es ein Politiker richten

Foto: dpa Picture-Alliance / Rainer Jensen

Mit der Berufung des SPD-Politikers zum neuen Flughafen-Chef macht sich die Politik ehrlich, meint Joachim Fahrun.

Nun also Engelbert Lütke Daldrup. Ein Politiker übernimmt die Führung der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg und damit die Verantwortung für das Pannen-Projekt BER.

Erfahrene Manager, die Flughäfen leiten oder Erfahrung mit Großprojekten haben, waren auf die Schnelle nicht zu finden für den Schönefelder Schleudersitz. Die erste Liga der wenigen Fachleute verspürte schon 2014 wenig Neigung, sich den Ruf im brandenburgischen Sand zu ruinieren. Die Erfahrung mit einem Groß-Manager wie Hartmut Mehdorn waren ja auch nicht berauschend. Eröffnen konnte auch Mehdorn den BER nicht.

Lütke Daldrup neuer BER-Chef - 800.000 Euro für Mühlenfeld

So kamen die Brandenburger seinerzeit auf Karsten Mühlenfeld, der nun über seine Unfähigkeit gestolpert ist, den Kontrolleuren zur rechten Zeit reinen Wein einzuschenken. Alle seine Vorwürfe gegen Technikchef Jörg Marks, der angeblich Termine gerissen, Planungen nicht vollendet, Firmen schlecht koordiniert und Nachforderungen großzügig genehmigt habe, fallen auch auf den Chef zurück. Vor einem Monat hatte Mühlenfeld noch versichert, alles sei unter Kontrolle. Dass er gehen musste, war klar.

Mit dem Stadtplaner und SPD-Politiker Lütke Daldrup, der nun direkt von seinem Staatssekretärs-Büro im Roten Rathaus auf den Chefsessel der Flughafengesellschaft wechselt, macht sich die Politik in gewisser Weise ehrlich. Der BER ist ein politisches Projekt, finanziert mit Steuermitteln, gegen fachliche Vernunft an den falschen Standort gebaut und in maßloser Überschätzung der eigenen Fähigkeiten in Eigenregie der Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund errichtet.

Da ist es folgerichtig, wenn am Ende die Politiker auch operativ einsteigen, wenn keiner sonst will. Dass man das alles schon vor langer Zeit hätte anders machen sollen am BER – geschenkt. Jetzt ging es darum, nicht zum zweiten Mal den Fehler zu machen und die Bauleute mit Ahnung von der Baustelle zu vertreiben.

Dieser Fehler legte das Scheitern am BER schon 2006 an

Michael Müller, der Regierende Bürgermeister und BER-Aufsichtsratsvorsitzende, brauchte eine schnelle Lösung. Und die saß praktischerweise mit am Tisch, ist sofort abkömmlich und auch bezahlbar, obwohl Lütke Daldrup sein Gehalt sicher vervielfachen wird. Dennoch geht der Vorwurf vom „roten Filz“, den die CDU um Munde führt, fehl. Nach der Verantwortung für den BER reißt sich niemand. Und auch ein CDU-Senator hätte die Lösung wohl mitgetragen.

Dass Müller nun den Aufsichtsrat verlässt und seine Senatoren gleich mitnimmt, könnte dem Projekt sogar gut tun. Leute aus der zweiten Reihe oder gar ein paar neue Experten haben mehr Zeit und Expertise, sich um die Gesellschaft zu kümmern als Regierungschefs und Minister. In der Verantwortung steht Müller sowieso.

„Drängelbert“ nennen sie ihn im Rathaus

Die Frage bleibt, ob ein Politiker-Stadtplaner den Job kann. Der selbstbewusste Lütke Daldrup traut sich das zu, keine Frage. „Drängelbert“ nennen sie ihn im Rathaus. Er macht gerne Druck, um weiter zu kommen. Dass er dabei nicht als großer Kommunikator glänzt, wird sich hoffentlich am BER nicht als Problem erweisen. Müller holte ihn einst aus Thüringen zurück, um den Wohnungsbau voranzutreiben. Wie groß sein Verdienst daran wirklich ist, darüber kann man diskutieren.

Als neuer BER-Chef muss der Lütke Daldrup die Entrauchungsanlage, Sprinkler und Türen nicht selber umbauen und neu programmieren. Er muss dafür sorgen, dass die Menschen, die so etwas können, Schritt für Schritt die Probleme lösen. Er muss das Hick-Hack in der Chefetage beenden, damit endlich alle an einem Strang ziehen. Lütke Daldrup ist das letzte Aufgebot für den BER.

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