Obdachlosigkeit

Warum so viele Menschen auf der Straße leben müssen

| Lesedauer: 3 Minuten
Uta Keseling
Ein Obdachloser bittet in der Friedrichstraße um Spenden

Ein Obdachloser bittet in der Friedrichstraße um Spenden

Foto: Kay Nietfeld / dpa

Bis zu 6000 Obdachlose leben laut Fachleuten in Berlin auf der Straße. Die Ursachen für Obdachlosigkeit sind komplex.

Bis zu 6000 Obdachlose leben laut Fachleuten in Berlin auf der Straße, statistisch erfasst werden sie nicht. Als Grund dafür gilt, dass man Stigmatisierung vermeiden will. Andererseits macht es den Umgang mit den Betroffenen schwerer planbar. Das System an sozialen, medizinischen und psychiatrischen Hilfen in Deutschland ist besser als in vielen anderen Ländern. Gerade Berlin gilt mit seinen vielen Angeboten – von Nachtcafés bis zu Ambulanzen und Hygienezen­tren für Nichtversicherte – als vorbildlich. Andererseits zieht auch dies weitere Betroffene an.

Kommentar: Solidarität mit den Schwächsten!

Die Ursachen, warum Menschen in Deutschland obdachlos werden, sind unterschiedlich. Ein Grund ist der angespannte Wohnungsmarkt – es fehlen preiswerte Wohnungen, die etwa durch Sozialämter an Menschen vergeben werden können, die auf dem normalen Wohnungsmarkt keine Chance haben. Dazu kommen Menschen, die durch Sucht- und psychische Erkrankungen aus dem „System“ fallen. Etwa, weil sie stationäre Behandlung verweigern oder nicht in der Lage sind, eigenständig Anträge bei Sozialämtern, Renten- und Krankenkassen zu stellen. Zulauf hat die Obdachlosenszene auch aus dem Ausland. Unter Berlins Brücken hausen immer mehr Menschen, die eigentlich zum Arbeiten nach Berlin gekommen sind, sich aber eine reguläre Unterkunft nicht leisten können.

Wie sich Berliner Obdachlose durch den Winter kämpfen

Wie schwierig der Umgang mit diesen Menschen sein kann, zeigt der Alltag am Bahnhof Zoo, wo sich einerseits die Mitarbeiter der Bahnhofsmission rund um die Uhr um täglich rund 700 Menschen kümmern, die sonst nichts und niemanden mehr haben. Unterstützt wird die Mission auch von Geschäftsleuten rundum, die einerseits etwas gegen das Elend tun wollen. Und andererseits stillschweigend eigene Reinigungsdienste beschäftigen, um Fäkalien und Müll vor ihren Gebäuden zu entsorgen, die die schwierige Klientel hinterlässt. Auch für Wachleute und Polizei sind die teils alkoholisierten Dauergäste rund um die Bahnhöfe Zoo und Savignyplatz eine tägliche Herausforderung.

Unsichtbar - Obdachlose über das Leben auf der Straße

In Mitte beschloss die BVV jetzt, dass das Bezirksamt vor Räumungen von Aufenthaltsorten von Obdachlosen künftig zunächst Sozialarbeiter informiert. Diese sollen dann die Betroffenen erst mal ansprechen. Außerdem solle sichergestellt werden, dass im Fall einer Räumung Habseligkeiten und Papiere aufbewahrt werden könnten. In Mitte liegt unter anderem der Tiergarten, in dem zahlreiche Obdachlose in Gebüschen und Zelten hausen. Vor Großereignissen und Staatsbesuchen müssen sie aus Sicherheitsgründen immer wieder ihre Quartiere verlassen.

Wo es Hilfe gibt

Ärzte: Medizinische Versorgung bietet die Berliner Stadtmission (Lehrter Straße 68) mit vier Krankenbetten. Hilfe gibt es auch im Gesundheitszentrum der Jenny De la Torre Stiftung (Pflugstraße 12, Friedrichshain).

Kältehilfe: Auf der Webseite der Kältehilfe finden Internetnutzer einen Überblick über Schlafmöglichkeiten in Berlin. Nach Bezirken sind Einrichtungen gelistet, die für Obdachlose zur Verfügung stehen.

Kältebusse: Ab 18 Uhr steht der Wärmebus des Deutschen Roten Kreuzes zur Verfügung (Tel. 0170 / 910 00 42), ab 21 Uhr der Kältebus der Stadtmission (Tel. 0178 / 523 58 38).