Der ehemalige Innensenator Frank Henkel (CDU) wollte ein Verbot des Trägervereins prüfen – ein Ergebnis blieb aus.
Als der Prediger Abdallah I. im Juli 2014 in der Neuköllner Al-Nur-Moschee als Gastredner auftrat, nahm er kein Blatt vor den Mund: Die Juden seien die „Schlächter des Propheten“, behauptete er – und „betete“ dafür, dass Allah die israelischen Soldaten bis zum allerletzten Mann töten möge. Die Aufregung war groß. Und Innensenator Frank Henkel (CDU) stellte sich an die Spitze des Protestes. Wer die Meinungs- und Versammlungsfreiheit für antisemitische Parolen missbrauche, müsse mit Konsequenzen rechnen, drohte Henkel. Doch es kam noch schlimmer: Ein halbes Jahr später behauptete ein Gastprediger in der Moschee, dass eine Frau sich nach islamischem Recht sexuell niemals ihrem Ehemann verweigern dürfe.
Al-Nur-Moschee: Henkel prüft immer noch ein Verbot
Die Mehrheit der muslimischen Prediger verurteilten die Hetzreden – und Henkel zeigte sich entschlossener denn je. Rund drei Monate nach der zweiten Skandal-Predigt kündigte er im Abgeordnetenhaus an, ein Verbot des Trägervereins der Al-Nur-Moschee zu prüfen. Auf die Nachfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck, wann mit einem Ergebnis zu rechnen sei, sagte Henkel: „Wir haben den Anspruch, das bis Ende Mai (2015) zu schaffen.“
Nun ist Henkel nicht mehr Innensenator – und in der Al-Nur-Moschee versammeln sich bei der Freitagspredigt immer noch bis zu 1500 Zuhörer. Warum ist das so, und warum ist die Prüfung immer noch nicht abgeschlossen? Das will auch der Abgeordnete Langenbrinck wissen. Der SPD-Politiker hat dazu mittlerweile vier parlamentarische Anfragen gestellt. Die Auskunft der Innenverwaltung war stets dieselbe: In der Al-Nur-Moschee werde ein Islam „salafistischer Prägung“ propagiert.
Die Voraussetzungen für ein Vereinsverbot würden geprüft, versicherte die Verwaltung stets. Zum Stand des Verfahrens könne man allerdings keine Auskunft erteilen. Langenbrinck hat dafür kein Verständnis: „Dass immer noch unklar ist, ob der Trägerverein verboten wird, ist eine Schande“, sagt er.
Neukölln will Al-Nur-Moschee verbieten lassen
Leicht wird ein gerichtsfestes Vereinsverbot nicht. Denn die rechtlichen Anforderungen dafür sind hoch. „Da muss man sich richtig dahinter- klemmen“, sagte ein mit dem Vorgang vertrauter Mitarbeiter der Innenverwaltung, bereits kurz, nachdem Henkel die Prüfung eines Verbotsverfahrens zum ersten Mal ankündigte. Henkel, so heißt es jetzt in der Verwaltung, habe allerdings kein besonderes Interesse gezeigt. Anders als seine öffentlichen Auftritte nach den Skandal-Predigten vermuten ließen, ließ er das Verfahren laufen. Seine Sicherheitsexperten hätten zwar einiges an Material geliefert, mit dem man ein Verbot womöglich hätte durchsetzen können. Die Unterlagen seien aber in den Amtszimmern von eher unambitionierten Mitarbeitern liegen geblieben – und Henkel habe keinen Druck gemacht.
Ob ein Verbot der Al-Nur-Moschee politisch sinnvoll wäre, ist unter Fachleuten allerdings umstritten. In einem sind sich die meisten Experten allerdings einig: Über Jahre hinweg über ein mögliches Verbot zu reden, aber keine Entscheidung zu treffen, sei unklug.