Justizsenator

Keine Haft mehr für Berliner Schwarzfahrer

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J. Anker, J. Fahrun und U. Kraetzer
Eine U-Bahn am Potsdamer Platz in Berlin

Eine U-Bahn am Potsdamer Platz in Berlin

Foto: dpa

Der künftige Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) will mehr Straftäter dazu bringen, ihre Strafen abzuarbeiten.

Berlin.  Berlins künftiger Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) will die Zahl der Schwarzfahrer, die ihre Geldstrafe in einem Gefängnis absitzen, deutlich senken. „Es gibt ungefähr 400 Menschen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlt haben. Das sind Menschen, die eigentlich nicht ins Gefängnis gehören“, sagte Behrendt im Interview der Berliner Morgenpost. Dabei handelt es sich vor allem um Schwarzfahrer, die ihre Strafen nicht bezahlen können oder wollen. „Wenn es uns gelingt, ungefähr 200 davon aus dem Gefängnis rauszubekommen, dann hätten wir eine Reserve an Haftplätzen.“

Künftig werde die Justiz stärker versuchen, verurteilte Schwarzfahrer dazu zu bringen, die Strafe abzuarbeiten. Jeder Tag im Gefängnis sei teurer als alles andere, sagte Behrendt, der voraussichtlich an diesem Donnerstag zum Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung ernannt wird. „Von daher ist es sinnvoll zu sagen: Ihr seid nicht zu Gefängnis verurteilt, und wir befähigen euch jetzt, das zum Beispiel durch soziale Arbeit abzuleisten. Das wollen wir stärken und ausbauen.“

Insgesamt sind in Berlin derzeit rund 4100 Menschen inhaftiert. Vor dem Hintergrund der wachsenden Stadt könnte es künftig wieder zu mehr Insassen in den Gefängnissen kommen, für die das Land dann entsprechende Haftplätze brauchte. „Vor zehn Jahren hatten wir noch 5700 Häftlinge. Das ist ein erheblicher Rückgang“, sagte Behrendt. „Wir müssen im Blick behalten, ob das so bleibt.“

Neuer Senator „Die Justiz muss sich fit machen“

Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit

Um die Justiz von unnötigen Verfahren zu befreien, wie der strafrechtlichen Verfolgung der Schwarzfahrer, wäre aus Sicht des künftigen Justizsenators eine Entkriminalisierung derartiger Taten sinnvoll. „Wir können uns als Grüne vorstellen, das Schwarzfahren von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Dann wären Schwarzfahren und Schwarzparken gleichgestellt, und wir hätten einen Großteil der Probleme nicht“, sagte Behrendt. Dazu sei aber eine Änderung des Bundesrechtes nötig, die nicht im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Linkspartei und Grünen verabredet sei.

Gleiches gelte für die Verfolgung von Cannabis-Konsum. „Die Justiz sollte ein großes Interesse an der Entkriminalisierung des Cannabis-Handels so wie in vielen Staaten der USA haben“, sagte Behrendt. Eine Entkriminalisierung hätte Auswirkungen auf die Staatsanwaltschaft, die Polizei und die Gerichte, da sie sich nicht mit Verfahren beschäftigen müssten, die in der Regel wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Aber auch hier seien dem Land die Hände gebunden, da zunächst bundesrechtliche Vorschriften geändert werden müssten.

Als zentrale Aufgabe der kommenden Jahre sieht der künftige Justizsenator die Digitalisierung der Justiz an. Die Berliner Justiz stünde vor der Herausforderung, sich für das 21. Jahrhundert fit zu machen, sagte Behrendt. Da ginge es vor allem um eine funktionierende IT-Ausstattung. Auch die Gerichtssäle müssten für die Anforderungen des technischen Fortschritts umgerüstet werden. „Da ist in den vergangenen Jahren viel versäumt worden“, sagte der Justizsenator.