Berlin-Trend

63 Prozent der Berliner sind gegen Ausweitung der Parkzonen

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Joachim Fahrun
Wer in Berlin Auto fährt, kann bei der Parkplatzsuche schon mal verzweifeln

Wer in Berlin Auto fährt, kann bei der Parkplatzsuche schon mal verzweifeln

Foto: picture-alliance/ ZB / dpa

Der Berlin-Trend zeigt Unterstützung für rot-rot-grüne Projekte. Keine Mehrheiten gibt es für das Autoverbot Unter den Linden.

Eine knappe Mehrheit der Berliner hat eine positive Meinung von der künftigen Koalition aus SPD, Linken und Grünen. 50 Prozent sagen, ein neuer Senat aus diesen Parteien sei gut oder sehr gut für Berlin. 42 Prozent sehen das anders und erwarten von Rot-Rot-Grün nichts Gutes für die Stadt.

Das hat der Berlin-Trend der Berliner Morgenpost und der RBB-Abendschau ergeben. Infratest dimap befragte dafür zwischen dem 21. und 23. November 1003 wahlberechtigte Berliner. Wichtige Projekte des neuen Regierungsbündnisses finden deutlich mehr Unterstützung in der Bevölkerung, wie die repräsentative Erhebung ergibt. Fast drei Viertel (73 Prozent) der Berliner halten den Plan für richtig, den Radverkehr in der Stadt deutlich auszubauen. Noch größer ist mit 76 Prozent die Zustimmung für das Vorhaben, Investitionen in Schulen über Kredite zu finanzieren.

Keine Mehrheiten finden jedoch zwei andere Projekte. Die Straße Unter den Linden ab 2019 autofrei zu gestalten geht aus Sicht von 49 Prozent der Befragten in die falsche Richtung. 45 Prozent hingegen halten es für richtig, private Autos vom Boulevard zu verbannen. Noch größer ist die Aversion der Berliner gegen die Pläne, die gebührenpflichtigen Parkzonen auszuweiten. Nicht einmal ein Drittel (31 Prozent) ist mit diesem Kurs einverstanden. 63 Prozent sind dagegen.

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Die designierte grüne Verkehrssenatorin Regine Günther wird bei ihrer Politik also einige Widerstände zu überwinden haben. Die künftige Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) lobte die Quereinsteigerin, die von der Umweltorganisation WWF in den Senat wechseln wird. „Der Koalitionsvertrag trägt ja in dem Bereich eine sehr grüne Handschrift, von der Umsetzung des Fahrradvolksentscheids bis zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs“, sagte Pop im Morgenpost-Interview.

Die Wahrnehmung auf die Koalitionsparteien schlägt sich auch in der Sonntagsfrage nieder. Im Berlin-Trend stehen sich zwei Monate nach der Wahl die Lager der Koalition und der Opposition sich in annähernd unveränderter Stärke gegenüber. SPD und Grüne liegen mit 21 beziehungsweise 15 Prozent knapp unterhalb ihrer jeweiligen Wahlergebnisse, die Linke schneidet mit 17 Prozent etwas besser ab als am 18. September. CDU und FDP konnten sich jeweils leicht auf 19 beziehungsweise sieben Prozent verbessern. Die AfD ist derzeit mit 13 Prozent etwas schlechter.

Die rot-rot-grüne Koalition wird in einem zentralen Thema der Berliner Landespolitik mit einem gewissen Vertrauensvorschuss der Berliner in die Legislaturperiode starten. Immerhin fast zwei Drittel der Bürger gehen davon aus, dass SPD, Linke und Grüne in den nächsten Jahren die Situation an den Berliner Schulen verbessern werden. 34 Prozent sagen, sie trauen das der Koalition nicht zu. Bei einer Mehrheit scheinen also die Ankündigungen, massiv Geld in Schulbau und Sanierung investieren zu wollen, für eine positive Erwartung zu sorgen. Selbst unter CDU-Wählern trauen 55 Prozent der Koalition zu, an den Schulen positiv zu wirken.

Zumal drei Viertel der Berliner (76 Prozent) den Plan richtig finden, dieses Ausgaben über Kredite zu bezahlen, um den Beschränkungen des Landeshaushalts zunächst zu entgehen und schneller möglichst viele Schulen erneuern zu können. Selbst die Anhänger der Opposition halten den Kurs mit großer Mehrheit für richtig. Wähler der CDU sind zu 70 Prozent dafür, Sympathisanten der AfD sogar zu 73 Prozent und Anhänger der FDP zu 62 Prozent.

Skepsis bei Sicherheit, Verwaltung und Mieten

Weniger optimistisch schätzen die 1003 Befragten des repräsentativen Berlin-Trends der Morgenpost und der RBB-Abendschau die rot-rot-grünen Kompetenzen zu anderen wichtigen Themen ein. Nur ein gutes Drittel (37 Prozent) glaubt das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, in neu organisierten Bürgerämtern künftig innerhalb von 14 Tagen einen Termin zu bekommen. Fast identisch ist die Stimmungslage, wenn es um die Sicherheit geht. 36 Prozent trauen der Koalition zu, für mehr Sicherheit zu sorgen, 60 Prozent sehen die Perspektive eher pessimistisch. Vor allem die Wähler der AfD und der FDP halten die Kompetenzen von Rot-Rot-Grün auf dem Feld der Sicherheit für ungenügend.

Etwas stärker verbreitet ist der Optimismus beim Thema Mieten. Immerhin 42 Prozent trauen der Koalition zu , mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Unter Wählern der SPD (58 Prozent), der Grünen (54) und der Linken geht jeweils eine Mehrheit davon aus, dass die Konzepte ihrer Parteien für den Neubau und den Kampf gegen steigende Mieten erfolgreich sein kann.

Insgesamt macht der Berlin-Trend deutlich, auf welche Gruppen der Bevölkerung sich die rot-rot-grüne Koalition stützen kann. Unter den jüngeren Berlinern ist die Koalition deutlich beliebter als bei den Älteren. Von den 18- bis 34-Jährigen bewerten 57 Prozent Rot-Rot-Grün als gut oder sehr gut für die Stadt, unter den 35- bis 49 Jahre alten Berlinern sind es 53 Prozent. In den Altersgruppen 50 bis 64 und 65 plus sehen hingegen nur 45 beziehungsweise 44 Prozent das neue Bündnis positiv.

Führungspersonen büßen an Beliebtheit ein

Und Rot-Rot-Grün ist eine Koalition der Gebildeten. Wer Abitur oder Fachhochschulreife hat, findet zu 62 Prozent die neue Konstellation gut. Von den Menschen mit Haupt- oder Volksschulabschluss sehen nur 39 Prozent das Linksbündnis positiv.

Die Führungspersonen der Koalition haben im Vergleich zu der Hochzeit des Wahlkampfes an Beliebtheit eingebüßt. Mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) sind 50 Prozent sehr zufrieden oder zufrieden, das sind drei Punkte weniger als im September, aber sechs Punkte mehr als im August.

Der designierte Kultursenator Klaus Lederer von den Linken sank um sieben Punkte auf 21, die künftige Wirtschaftssenatorin Ramona Pop sogar um 13 Punkte, nur noch 18 Prozent der Befragten sind mit Pop zufrieden. Mehr als die Hälfte der Berliner kennen weder Lederer noch