Erzbischof Heiner Koch hat sich für die große Lösung, für den Umbau statt der Sanierung, entschieden – nach einem Jahr des Nachdenkens, Lesens und Kommunizierens über die St. Hedwigs-Kathedrale, wie er sagte. Er habe „Hunderte von Briefen, Mails und öffentliche Äußerungen gelesen“ und in seine Überlegungen einbezogen, so der Bischof am Dienstag. Jetzt sei er „zuversichtlich, dass die Umgestaltung mehr noch als bisher eine würdige Feier der Liturgie ermöglichen, einen Ort der Gottesverehrung im Herzen von Berlin akzentuieren und eine Stätte der Nachdenklichkeit eröffnen wird“, so Koch.
„Nach gründlicher Überlegung und Erwägung im Gebet bin ich entschlossen, die Umgestaltung unserer Kathedrale auf der Grundlage des Entwurfs der Preisträger mit Freude und Tatkraft in Angriff zu nehmen“, teilte der Erzbischof der Gemeinde zum Hochfest Allerheiligen in der St. Hedwigs-Kathedrale mit. Der 1. November ist der Weihetag des Gotteshauses.
St. Hedwigs-Kathedrale als Manifest der Einheit der katholischen Kirche im Kalten Krieg
Gegen die Schließung der Öffnung hatten in den vergangenen Monaten Gemeindemitglieder, Denkmalschützer, Kunsthistoriker und Architekten protestiert. Sie lobten den Bau als „Meisterwerk der Baukunst“ der 50er-Jahre, als Manifest der Einheit der katholischen Kirche im Kalten Krieg und darüber hinaus als Manifest gesamtdeutschen Handelns. Die Kirche musste nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut werden. Der zerstörte Innenraum war vom Architekten Hans Schwippert in den Jahren 1956 bis 1963 neu gestaltet worden. Mit einer Öffnung hatte er den unteren mit dem oberen Raum verbunden und eine Ober- und Unterkirche geschaffen.
Er könne verstehen, sagte Erzbischof Koch, dass es Menschen gibt, die den jetzigen Zustand beibehalten wollen, und seine Entscheidung sei nicht als Geringschätzung des Bestehenden zu verstehen. Doch die Kathedrale sei die Kirche der Bundeshauptstadt. „Und wir werden die einzige Kathedrale in Deutschland sein, die eine Rundkirche ist“, so Erzbischof Koch. Es gehe darum, dem „Raum Raum zu geben und die Liturgie weiterzuentwickeln“. Der Kirchenraum wird künftig keine Öffnung mehr nach unten haben. Sie wird geschlossen. Das sieht der Siegerentwurf von Sichau & Walter Architekten mit dem Künstler Leo Zogmayer vor.
Auch das Lichtenberg-Haus wird grundlegend saniert
Weil das Berliner Bistum ein armes sei, so Koch weiter, sei es ihm wichtig gewesen, dass die sozialen, pastoralen und karitativen Bereiche durch den Umbau nicht beschnitten werden dürften. Wie berichtet, sieht der Architekturentwurf für den Umbau und die Erweiterung der Kathedrale mit einer Tiefsakristei unter der Hoffläche zum Bernhard-Lichtenberg-Haus Kosten in Höhe von 43 Millionen Euro vor. Hinzu kommen 17 Millionen Euro für die Sanierung des Altbaus des Bernhard-Lichtenberg-Hauses sowie den Abriss des dortigen Anbaus aus den 70er-Jahren.
Das Lichtenberg-Haus und die Kathedrale sollen künftig noch mehr als jetzt ein „geistig-geistliches Zentrum“ bilden. Bei den geschätzten 60 Millionen Euro strebt das Erzbistum Berlin eine Drittel-Finanzierung an: ein Drittel aus eigenen Leistungen, wegen des bekannten Sanierungsstaus gibt es bereits Rücklagen in Höhe von 20 Millionen Euro, ein Drittel werden Diözesen in Deutschland beisteuern, das Erzbistum Berlin sei beteiligt, größere Bistümer zahlten entsprechend der Kirchensteuereinnahmen und der Katholikenzahl mehr als kleinere. „40 Millionen Euro stehen zur Verfügung“, so Bernd Jünemann, Dezernatsleiter Finanzen und Bau. Das restliche Drittel soll durch private Geldgeber sowie durch Zuschüsse von Land und Bund aufgebracht werden. Entsprechende Förderanträge würden jetzt gestellt. Die Bauphase, die nicht vor 2018 beginnen werde, wird mindestens zwei Jahre dauern. Sowohl der Umbau in der Kathedrale als auch die Sanierung des Bernhard-Lichtenberg-Hauses sollen gleichzeitig beginnen.
Künftiger Domprobst bei St. Hedwig wird Prälat Tobias Przytarski
Geplant sind in dem Gebäude an der Rückseite der Kathedrale ein Wissenschaftszentrum und eine Begegnungsstätte. Das jetzige Kathedralforum soll aber bleiben. Künftiger Domprobst bei St. Hedwig wird Prälat Tobias Przytarski. Er folgt Prälat Ronald Rother, der emeritierte. Przytarski wird für die Baumaßnahmen an der Kathedrale und am Lichtenberg-Haus zuständig sein. Die Amtseinführung ist für den 13. Januar 2017 geplant.
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