Lange wurde spekuliert, jetzt ist das Geheimnis gelüftet, wer das Schweizer Büro „Herzog & de Meuron“ bei Neubauten und Sanierung des Bestands auf dem Tacheles-Areal unterstützt. Neben „Kahlfeldt Architekten“ und „Grüntuch und Ernst Architekten“ ist auch das, der in der Szene als politische und nachhaltige Planer bekannten, gemeinsame Büro von „Brandlhuber + Petzet“ mit im Boot für das Großprojekt in Mitte.
„Damit haben wir drei erfahrene, ambitionierte und engagierte Berliner Architekten ausgewählt“, betonte Sebastian Klatt bei der Vorstellung am Donnerstag in der Tacheles-Ruine. Wie der Geschäftsführer des Projektentwicklers pwr development ankündigte, sollen bereits im November die ersten Entwürfe der Planer präsentiert werden, die jeweils für einzelne der insgesamt 16 Gebäude zuständig sind. Zeitgleich will pwr zu dieser Zeit auch die Arbeiten für den Aushub des Areals vergeben.
Fundamente der ehemaligen Synagoge gefunden
Seit April sind dort bereits die bauvorbereitenden Arbeiten im Gange, zu denen unter anderem das Abtragen alter Kellerreste der ehemaligen Friedrichstraßenpassage gehört. Dabei sei man auch auf Fundamente der ehemaligen Synagoge der Jüdischen Reformgemeinde gestoßen, die gesichert werden, wie Klatt sagte.
Das gestalterische Gesamtkonzept für die Planungen des Tacheles-Areals obliegt dem international agierenden Büro von Herzog & de Meuron Architekten (HdM), die unter anderem in Peking das Olympiastadion oder in Hamburg die Elbphilharmonie entworfen haben.
Der Bebauungsplan auf dem Tacheles-Areal
HdM übernimmt zudem die Planung des Bauabschnitts an der Stelle der ehemaligen Friedrichstraßenpassage, die zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts eine wichtige Verbindung zwischen Friedrichstraße und Oranienburger Straße war. Diese Verbindung wird erneut hergestellt. Auch die Sanierung des Kunsthaus Tacheles, zwei östlich direkt daran anschließende Gebäudeteile (Wohnen, Büros, Einzelhandel) sowie vier weitere Bauteile (Einzelhandel und Wohnen) an der Johannisstraße werden von HdM übernommen.
„Kahlfeldt Architekten“ sanieren zwei Bestandsgebäude
Die Architekten Petra und Paul Kahlfeldt, die sich unter anderem im Bereich Bauen mit Bestand einen Namen gemacht haben und beispielsweise in Berlin das Amerikahaus saniert haben, wurden mit der Sanierung zweier denkmalgeschützter Bestandsbauten an der Friedrichstraße 112 a und b beauftragt. „Wir freuen uns natürlich über diese tolle Aufgabe“, sagte Petra Kahlfeldt Morgenpost online. Der jeweilige Ort, seine Geschichte und Schichten, sei das, was ihnen bei der Arbeit im Bestand immer wichtig sei. „Wir agieren immer mit einem Bezug zur Tradition, auch bei unseren Neubauten“, betonte die Architektin.
Arno Brandlhuber, vielen Berlinern bekannt geworden durch sein ungewöhnliches Atelier- und Galeriehaus in der Brunnenstraße, und sein Kollege Muck Petzet verantworten einen Bauteil, der sowohl Wohnungen als auch Einzelhandel im Erdgeschoss beinhalten wird sowie ein gegenüber liegendes Wohnhaus. „Wir planen dort unter anderem kleine Wohnungen, Mikroapartments von etwa 30 Quadratmeter Größe mit Gemeinschaftsräumen“, sagt Muck Petzet, der sich unter anderem auch als Professor für nachhaltiges Design engagiert.
Grüntuch und Ernst realisieren ein Hotel an der Oranienburger Straße
Seine Kollegen Armand Grüntuch und Almut Ernst, die beispielsweise die Jüdische Mädchenschule in Mitte umgebaut, im gleichen Bezirk aber auch einen modernen Neubau realisiert haben, werden neben Wohnungsbau auch ein Hotel an der Oranienburger Straße planen.
Inwieweit die einzelnen und von ihrer Architektursprache her doch sehr unterschiedlichen Büros ihre Vorstellungen wirklich umsetzen können, wird sich zeigen. pwr-Geschäftsführer Sebastian Klatt jedenfalls zeigte sich am Donnerstag zuversichtlich, dass trotz der vorgegebenen Kubatur der Gebäude „eine architektonische Vielfalt“ umsetzbar sei.
„Natürlich gibt es ein übergeordnetes Gestaltungskonzept, das sich auf die Nachbarschaftsgebäude bezieht“, sagte Klatt. So stehe für die Fassaden Stahl und Glas nicht oben auf der Agenda, sondern man habe eher „mineralische Materialien, sprich Stein“ im Sinn.
Wie berichtet sind auf dem etwa 25.000 Quadratmeter großen Filetgrundstück zwischen Oranienburger-, Friedrich- und Johannisstraße neben der Sanierung der Tacheles-Ruine, ein Hotel-Neubau, ein Bürogebäude, Wohngebäude sowie insbesondere der Neubau der Friedrichstraßenpassagen mit Geschäften, Büros und Wohnungen in den oberen Geschossen geplant. Die drei vorgesehenen Untergeschosse sind neben der technischen Infrastruktur teilweise auch für Läden sowie für Stellplätze gedacht.
Der bei neuen Bebauungsplänen zu berücksichtigende Anteil von mindestens 25 Prozent Sozialwohnungen gilt bei diesem Projekt übrigens nicht, da der B-Plan für das Tacheles-Areal bereits vor 13 Jahren aufgestellt wurde. Wie Klatt am Donnerstag sagte, sind insgesamt etwa 360 Wohnungen, größtenteils als Eigentum, in dem neuen Quartier geplant .
Was in dem alten Kunsthaus Tacheles schützenswert sei, wolle man in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalschutz festlegen. So seien sicher auch Teile der Graffiti erhaltenswert.
Nach jetzigem Stand gehen die Projektentwickler davon aus, dass noch in diesem Jahr die Bauanträge für den Hochbau eingereicht und Mitte bis Ende des kommenden Jahres die Baugenehmigungen vorliegen. „Wir wollen 2018 mit dem Hochbau beginnen“, sagte Klatt. DIe Fertigstellung werde bei diesem Großprojekt nicht auf einen einzigen Termin fallen, sondern man rechne damit ab Ende 2019, Anfang 2020 sukzessive über einen Zeitraum von 12 Monaten ein Gebäudeteil nach dem anderen zu eröffnen.
Logistische Herausforderung mit täglich bis zu 40 Lastwagen
Auch von der Logistik her, ist das Projekt keine leichte Aufgabe. So werden in Hochzeiten auf der Baustelle täglich 30 bis 40 Lastwagen verkehren. Um in den umliegenden Straßen den Verkehrsfluss zu gewähren, wurde jetzt für die genaueren Planungen des Baustellenverkehrs ein Büro für Logistik beauftragt.