Der Stararchitekt Stephan Braunfels steigt aus der Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses am Reichstagufer in Mitte aus. Er habe die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bauordnung und Raumwesen (BBR) beendet, weil die Behörde ihm fast 14 Millionen Euro schulde, davon mehr als acht Millionen alleine für die Erweiterung des Lüders-Hauses, schreibt Braunfels in einer am Mittwoch verbreiteten Mitteilung.
Es sei das erste Mal, dass er einen Auftrag gekündigt habe. „Ich habe die Entscheidung viele Jahre vor mir hergetragen, denn die Bauten des Deutschen Bundestages gehören nicht nur zu den größten und schönsten in Berlin, sondern sind auch die größten und schönsten Gebäude meiner nun 40-jährigen Architektenlaufbahn“, schreibt Braunfels. Der Bundestag sei seit mehr als zwanzig Jahren „der beste Bauherr“ den man sich denken könne. Das BBR, das das Projekt vor acht Jahren übernommen habe, sei dagegen „Deutschlands schrecklichste Baubehörde“. Nach eigener Darstellung musste Braunfels wegen der finanziellen Ausfälle sein Haus in Potsdam und Teile seiner Kunstsammlung verkaufen. Ein Sprecher des Bundesbauministeriums sagte auf Anfrage, man äußere sich nicht zu juristischen Streitigkeiten in dieser Form, und verwies auf das BBR. Dort war am Mittwoch niemand zu erreichen.
Laut einem Bericht der RBB-Abendschau vom Mittwochabend wird sich die Fertigstellung des Erweiterungsbaus des Lüders-Hauses erneut verzögern. Dieser werde nun erst Ende 2020 fertig werden. Das gehe aus einem internen Rahmenterminplan hervor. Braunfels und das Bundesamt bestätigten die Verzögerung. Demnach geht es unter anderem um eine undichte Bodenplatte, die komplett erneuert werden müsse. Laut Rahmenterminplan soll allein diese Sanierung bis Mai 2018 dauern. Im Anschluss müsse die komplette Technikebene im zweiten Untergeschoss neu eingebaut werden. Für die Übergabe an den Bundestag sehe der Plan den Zeitraum zwischen September und Dezember 2020 vor. Unklar sei, wie teuer es werde. Bisher hatte das Bundesamt für Bauwesen 190 Millionen Euro für den Bau vorgesehen. Um wieviel sich diese Summe nun erhöhen wird, dazu seien laut Bundesamt „zum jetzigen Zeitpunkt noch keine belastbaren Angaben möglich“.
Der Erweiterungsbau mit seinem markanten Dach sollte ursprünglich bereits 2013 fertig werden. Die Probleme mit den Bodenplatten, die bereits vorher aufgetreten waren, sorgten jedoch für Verzögerungen. Bereits vor einem Jahr war bekannt geworden, dass die Platte undicht ist und Wasser eindrang. Zuletzt hieß es, das 44.000 Quadratmeter große Gebäude könne Anfang 2017 fertiggestellt werden. Dieses Ziel ist nun offenbar nicht mehr zu erreichen.
Das Hauptgebäude des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses war, ebenfalls nach einem Entwurf des Architekten Stephan Braunfels und ebenfalls aus Sichtbeton gefertigt, nach einer Bauzeit von fünf Jahren bereits 2003 fertiggestellt worden. Es gehört, neben dem Paul-Löbe-Haus und dem Bundeskanzleramt mit Kanzlergarten, zum sogenannten „Band des Bundes“ und beherbergt den nach dem Plenarsaal im Reichstagsgebäude zweitgrößten Raum des Deutschen Bundestags. Dort tagen beispielsweise Abgeordnete von Untersuchungsausschüssen. Außerdem ist in dem Haus das Wissenschaftliche Dienstleistungszentrum des Bundestages samt Parlamentsbibliothek untergebracht.
Der Spatenstich für den Erweiterungsbau erfolgte im November 2010. Er führt das bereits fertige gestellte Hauptgebäude bis an die Luisenstraße fort und wirkt – dem Augenschein nach – als wäre er praktisch fertig.kr