Friedrichshain

Rigaer Straße: Neue Fragen an Innensenator Frank Henkel

| Lesedauer: 4 Minuten
Andreas Abel
300 Polizisten schützen am 22. Juni die Teilräumung des Erdgeschosses im Haus Rigaer Straße 94

300 Polizisten schützen am 22. Juni die Teilräumung des Erdgeschosses im Haus Rigaer Straße 94

Foto: Kietzmann,Björn / action press

Die Berliner Opposition hakt nach: Wusste Frank Henkel, wem die Immobilie an der Rigaer Straße 94 gehört?

In der politischen Auseinandersetzung um das Haus Rigaer Straße 94 in Friedrichshain geraten Innensenator Frank Henkel (CDU) und die Polizeiführung erneut unter Druck. Nach Recherchen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ sei der Polizei seit Ende Juni bekannt, wer der Eigentümer des Hauses ist.

Es soll sich um einen polizeibekannten Ukrainer handeln, dem auch als Geschäftsmann ein zweifelhafter Ruf nachgesagt wird. Seit Wochen wird in der Öffentlichkeit darüber spekuliert, wem die Immobilie gehört. Von Seiten des Senats und auch der Polizei hieß es stets, der wahre Eigentümer sei nicht bekannt. Am 22. Juni räumten Bauarbeiter des Hauseigentümers Räume im Erdgeschoss des Hauses. Diese wurden von Hausbesetzern genutzt, die dort den Linksautonomen-Treff „Kadterschmiede“ einrichteten.

Das Wirken der Bauarbeiter wurde von 300 Polizisten geschützt. Der damalige Rechtsanwalt des Hauseigentümers hatte die Polizei um diesen Schutz gebeten. Am 13. Juli stellte das Landgericht fest, dass die Räumung rechtswidrig war. Der Eigentümer hatte keinen Räumungstitel erwirkt.

Eigentümer soll ein Ukrainer sein

Im Grundbuch als Eigentümer der Rigaer Straße 94 eingetragen war Lafone Ltd. mit Sitz in Großbritannien – eine Briefkastenfirma, wie sich herausstellte. Der einzige Lafone-Gesellschafter, John Dewhurst, erklärte Mitte Juli, er sei nie der wirkliche Eigentümer des Hauses gewesen, sondern nur der „Treuhänder für den rechtmäßigen Besitzer“. Der ist nun laut „Spiegel“ ein Ukrainer, der in den 90er-Jahren in einen Spielhallenkrieg mit der Russenmafia verwickelt gewesen sein soll. Aktuell ermittele die Staatsanwaltschaft gegen den Mann wegen Sachbeschädigungen.

Der Ukrainer ist Gesellschafter und Geschäftsführer einer Immobilienfirma in der City-West. Nach Angaben der „Welt“ warnt eine Wirtschaftsauskunftei ihre Kunden vor dem Kaufmann. Die „Credit­reform“ bescheinigt ihm allerdings Kreditwürdigkeit und sagt: „Eine Geschäftsverbindung gilt als zulässig.“

Opposition verlangt Aufklärung

Ramona Pop, Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus, verlangt nun Aufklärung vom Innensenator. „Frank Henkel muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass einem aktenkundigen und mindestens dubiosen Mann ohne Not die Unterstützung der Polizei gewährt wurde und dafür sogar ein Großeinsatz ausgelöst wurde.“ Der Innensenator müsse erklären, ob er zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Einsatz wusste, „für wen er die Polizei zum Handlanger gemacht hat“, sagte Pop der Berliner Morgenpost. Die Grünen-Politikerin erinnerte an die Sondersitzung des Innenausschusses.

Dort wurde bereits diskutiert, dass es Absprachen zwischen der Polizei und dem Anwalt des Hauseigentümers gab. Polizeijustiziar Oliver Tölle bestätigte in der Sitzung, dem Anwalt sei mitgeteilt worden, dass einer Bitte um polizeiliche Unterstützung nicht entsprochen werden könne, wohl aber einer Bitte um polizeilichen Schutz. Daraufhin schickte der Anwalt ein neues Schreiben. Oppositionspolitiker kritisierten diese „offensive Beratung“, Tölle nannte das Vorgehen „bürgerfreundlich“. Ramona Pop sagte, es sei „merkwürdig“ und „pikant“, dass ausgerechnet einem bei der Polizei aktenkundigen Menschen aus dem Spielhallenmilieu Nachhilfe gegeben werde, wie er sich Unterstützung der Polizei verschafft.

Der Abgeordnete Christopher Lauer, Mitglied der Piratenfraktion, hält das „offensive und aktive“ Zugehen der Polizei auf den Anwalt für den maßgeblich kritischen Punkt. Dass sich die Polizei zum Büttel eines Geschäftsmannes gemacht habe, der möglicherweise Kontakt zur Halbwelt hat, sei eine „absurde Ironie“, aber letztlich zweitrangig.

Polizei: Keine Hinweise auf Eigentümer in Unterlagen

Die Polizei erklärte auf Anfrage der Berliner Morgenpost, aus den ihr vorliegenden Unterlagen gebe es keine Hinweise, dass der Geschäftsmann Eigentümer der Rigaer Straße 94 sei. Der letzte vorliegende Grundbuchauszug von Mitte Juli 2016 weise Lafone Investments Ltd. als Eigentümerin aus. Der Name des Mannes tauche nur in einem Anschreiben des ehemaligen Lafone-Rechtsanwalts an die Hausverwaltung des Gebäudes auf. Der Mann könne also auch im Zusammenhang mit der Hausverwaltung stehen. Näheres ergebe sich aus den Unterlagen jedoch nicht. Die Polizei teilte aus Schutz der Persönlichkeitsrechte nicht mit, ob der mutmaßliche Eigentümer polizeilich bekannt ist. Innensenator Henkel erklärte, ihm sei nicht bekannt, wem das Haus gehöre. Es habe mit dem Anwalt einen legitimierten Vertreter gegeben, nur das sei relevant. Der Polizeieinsatz sei zur Abwehr von Gefahren notwendig gewesen.